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Interview – Data Science in der Automobilbranche

Interview mit Herrn Dr. Florian Neukart, Principal Data Scientist der
Volkswagen Group of America

Herr Dr. Florian Neukart ist Principal Data Scientist der Volkswagen Group of America. Herr Neukart arbeitete nach seiner Promotion in der Informatik an der University of Brasov als Consultant für Business Analytics bei SAP und wechselte 2013 als Data Scientist zu Audi. 2015 übernahm er für mehr als ein Jahr die Funktion als Chief Technology Officer des Volkswagen Data Labs, bis er September 2016 zu Volkswagen in die USA wechselte. Darüber hinaus ist er bereits seit 2010 in der Forschung und Lehre für Quantum Computing, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz tätig und zudem Autor des Buches „Reverse Engineering the Mind – Consciously Acting Machines and Accelerated Evolution“.

Data Science Blog: Herr Dr. Neukart, Sie sind einer der führenden Data Scientists in der Automobilbranche. Schlägt Ihr Herz mehr für die automobile Praxis oder für die Forschung?

Das kann ich so klar nicht trennen – ich habe das Glück, seit Jahren in beiden Welten tätig sein zu können, und was für mich dabei den besonderen Reiz ausmacht, ist die Möglichkeit, neuste Forschung in die Praxis zu überführen, also anhand von realen Problemstellungen zu verifizieren, ob eine Theorie praxistauglich ist oder nicht. Umgekehrt gilt das genauso – es kommt vor, dass ich mich mit Fragestellungen konfrontiert sehe, für welche die erforderliche analytische Mathematik noch nicht entwickelt wurde, was wieder zu neuer Forschung und innovativen Ideen anregt. Schon mein ganzes Leben bin ich getrieben von Neugierde und will verstehen, wie Dinge funktionieren, unabängig davon, ob es sich um die Gruppendynamik und Selbstorganisation von Herzzellen, quantenphysikalisches Verhalten von subatomaren Teilchen, autonom agierende Fahrzeuge, Fluktuationsprognosen in Märkten oder die Auswertung und Interpretation von Sprache handelt. Dabei ist es zwar primär die Mathematik, die mir hilft, Zusammenhänge zu verstehen und zu interpretieren, aber erst die Technologien und Plattformen, die über die letzten Jahre entwickelt wurden, um etwa rechenintensive Mathematik zu parallelisieren, Daten im Hauptspeicher zu halten und effizient abzufragen, machen unsere Arbeit erst möglich und richtig interessant.

Data Science Blog: Welche Rolle spielt Data Science derzeit für die Automobilbranche? Sicherlich dreht sich gerade alles um das autonome Fahrzeug?

Natürlich sind selbstfahrende Fahrzeuge und Mobilität ein grosses Thema bei OEMs. Aber Data Science ist viel umfassender. Data Science hat bereits Einzug in die technische Entwicklung, Einkauf, Marketing, Logistik, Produktion, Sales, After Sales und Retail gehalten. Speziell der Connected Customer wird immer bedeutender, da sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit in naher Zukunft auch über die neuen technischen und Serviceangebote definieren wird, die mit Hilfe von Data Science und maschinellem Lernen möglich werden. Bezogen auf selbstfahrende Fahrzeuge beginnen wir, das gesamte Ökosystem, bestehend aus Infrastruktur und unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern, als Multi-Agentensystem zu betrachten. Vehicle to Vehicle und Vehicle to X-Kommunikation gewinnen an Bedeutung, und speziell die Einführung von sozialen Komponenten wird entscheidende Vorteile bringen. Beispielhaft gesprochen, können Ziele der Flotte sein, die Sicherheit für die Passagiere und andere Verkehrsteilnehmer (Passanten, Radfahrer, Motorräder, Fiaker :-)) zu maximieren und gleichzeitig den Verkehrsfluss zu optimieren. Es macht wenig Sinn, eine Ampel an einer Kreuzung auf Rot zu schalten, wenn die Kreuzung gefahrlos durchquert werden kann. Davon abgesehen werden in naher Zukunft alle Fahrzeuge mit ähnlichen Sensoren ausgestattet sein, etwa Kameras, LiDAR, Radar, Ultraschall und Mikrofonen zur akustischen Umfeldwahrnehmung. Ein weiteres Szenario versetzt die Stadtverwaltung in die Lage zu erkennen,  wo der Verkehrsfluss stockt und was getan werden muss, um diesen zu optimieren. Das „was getan werden muss“ ist extrem interessant – etwa könnte man die Strassen digital werden lassen, also Asphaltstraßen durch Glas ersetzen und durch OLEDs ergänzen. Damit sind dann dynamische Veränderungen der Verkehrsführung möglich. Materialtechnisch ist das machbar, denn die Oberflächenstruktur von Glas kann so entwickelt werden, dass dieses auch im Regen rutschfest ist. Glas kann zudem so flexibel und gleichzeitig stabil designet werden, dass auch darüberfahrende LKWs es nicht zum Brechen bringen. Die Abwärme der Displays kann zur Beheizung genutzt werden – es gibt somit auch im Winter keine Eisfahrbahnen mehr. Die Stadt kann sich selbst als Agent in die Multi-Agentenumgebung einbringen und zur Erreichung der definierten Ziele beitragen.

Data Science Blog: Was sind gerade heiße Themen im Automotive-Sektor? Und demgegenüber gestellt, welche Themen spielen in der KI-Forschung gerade eine größere Rolle?

Data Science hat in jedem Bereich Einzug gehalten. Jedes Thema ist auf seine Art „heiss“, egal ob es sich „nur“ um eine Marktprognose, die vorhin erwähnten Multi-Agentensysteme, kollaborative Arbeitsumgebungen, in denen Menschen und Roboter in der Produktion zusammenarbeiten, oder etwa persönliche Assistenten handelt. Nehmen wir eine Marktprognose als Beispiel. Hier sind für den menschlichen Entscheider nicht nur die internen Verkaufszahlen und alle Indikatoren, die etwa die Weltbank liefert, interessant, sondern auch die Gesellschaftsentwicklung und die politischen Strukturen.

In der KI-Forschung ist das für mich interessanteste Thema die generelle KI, also die Schaffung einer künstlichen Intelligenz, die domänenunabhängig komplexe Probleme selbstständig lösen kann. Vieles, was uns einfach scheint, hat sich aber als sehr komplex für KI-Systeme herausgestellt. Der Weg zur generellen KI und künstlichem Bewusstsein führt für mich über das Verständnis von Dingen, wobei ich hier sowohl ein Atom als auch eine komplexe Lebensform als „Ding“ zusammenfasse. Ein Teil, der uns (und Software) hilft, Dinge in deren Kontext und Umgebung einzubetten und zu beschreiben, ist die Sprache – etwa ist ein Reifen Teil eines Fahrzeugs und eine Schraube Teil eines Reifens. Das und die Kombinationen mit anderen Säulen der KI, wie etwa Computer Vision, Logik und Entscheidungsfindung, Maschine Learning und Multi-Agentensystemen (Multi-Agenten-Lernen), bringt uns der generellen und bewussten KI Schritt für Schritt näher, wobei ich mir hier nicht anmaße, eine Definition für Bewusstsein zu geben.

Data Science Blog: Welche Tools verwenden Sie bzw. Ihr Team bei Ihrer Arbeit? Setzen Sie dabei auch auf Open Source?

Wir sind „technolgieagnostisch“, wir versuchen also, für jeden Anwendungsfall die beste Technologie zu finden und einzusetzen. Das ist mal ein Tool oder eine Plattform von einem grossen Softwarehersteller, mal eine Lösung von einem Startup, wobei wir die meisten unserer Projekte doch in R oder Python umsetzen. Wir packen auch unsere Eigenentwicklungen in Libraries, die wir momentan aber noch ausschliesslich intern nutzen.


Data Science Blog: Was macht für Sie einen guten Data Scientist aus? Nach wem suchen Sie, wenn Sie einen Data Scientist einstellen?

Die wichtigste Eigenschaft scheint mir ein Drang nach dem Verständnis von Zusammenhängen und Dingen zu sein – eine starke Neugier – wobei ich unter „Dingen“ je nach Kontext Atome genauso wie komplexe Maschinen einordne.

Dass ich über Atome und komplexe Maschinen schreibe, hat damit zu tun, weil ich auch durch meinen zweiten Job an der Uni vielfältigste Daten analyiseren durfte. Und dass ich Beiträge zu Maschinenlernen und Physik verfasse, liegt tatsächlich in erster Linie an meiner Neugierde. Die Mathematik, Physik, Neurowissenschaft, Informatik … sind Grundlagen, die sich jemand aneignen wird, wenn sie/er verstehen will.

Data Science Blog: Wie sieht Ihrer Erfahrung nach der Arbeitsalltag als Data Scientist nach dem morgendlichen Café bis zum Feierabend aus?

Idealerweise startet der Tag nicht mit Emails :-). Wenn ich aus meiner Erfahrung sprechen darf, dann lässt einen die Data Science auch nach der Arbeit nicht los und die Grenzen von Beruf und Hobby überlagern sich irgendwann. Schon während dem morgendlichen Café tauschen wir uns über die jeweiligen Projekte aus – jeder sollte soviel wie möglich über alle Projekte wissen, um nicht lediglich Nischenwissen aufzubauen. Scrum hat sich auch in Bezug auf Data Science bewährt – je nachdem, wie viele Data Scientists an einem Thema arbeiten und wie viele Tasks anfallen, machen tägliche Stand-Ups Sinn – speziell wenn ein Projekt viele Subkomponenten hat, die als grosses Ganzes funktionieren müssen, hat so jeder Beteiligte immer vollste Transparenz. Die meiste Zeit fliesst natürlich in die Entwicklung der jeweiligen Prototypen / Produkte, aber etwa ein Drittel sollte reserviert sein für das Durcharbeiten von Papers mit aktuellsten Forschungsergebnissen und dem Einarbeiten in neue Technologien. Ich habe mal gesagt bekommen „Data Scientists sprechen nicht viel“, was für die Zeit während der Entwicklungsarbeit (und meiner Erfahrung nach auf die meisten Informatiker) auch zutrifft, da wir zumeist den Zustand eines komplexen Systems im Kopf behalten müssen – tatsächlich aber sprechen wir sehr gerne und viel über mögliche Arten, Probleme zu verstehen und zu lösen. Für meine Kollegen und mich ist Data Science kein bloßer Job, wir beschäftigen uns auch nach dem Feierabend noch mit relevanter Lektuere oder privaten Side-Projects – wie gesagt, wir haben das Glück, Job und Hobby zu vereinen.

Data Science Blog: Für alle Studenten, die demnächst ihren Bachelor, beispielsweise in Informatik, Mathematik oder Wirtschaftslehre, abgeschlossen haben, was würden sie diesen jungen Damen und Herren raten, wie sie einen guten Einstieg ins Data Science bewältigen können?

Natürlich ist ein solider methodischer Hintergrund, darunter Statistik, Mathematik und Informatik mit Fokus auf Machine Learning erforderlich, und auch das technische Wissen, die Theorie in Produkte zu überführen, also in Programmiersprachen und relevante Libraries, Datenbanken, Streaming und IoT. Das sind Kernkompetenzen, aber wie gesagt, am Anfang steht die Neugierde. Ich rate jedoch jedem, sich einem Problem nicht ausschließlich über die Theorie zu nähern, sondern erst zu versuchen, das Problem zu verstehen und das theoretische Wissen hands-on aufzubauen. Niemand weiss alles, und die Recherche rund um ein Problem ist ein wichtiger Lernprozess, aus dem man unglaublich viel mitnehmen kann. Data Science ist immer hands-on, und Neugierde führt zum Ziel.

Maschinelles Lernen mit Entscheidungsbaumverfahren – Artikelserie

Das Entscheidungsbaumverfahren (Decision Tree) ist eine verbreitete Möglichkeit der Regression oder Klassifikation über einen vielfältigen Datensatz. Das Verfahren wird beispielsweise dazu verwendet, um die Kreditwürdigkeit von Bankkunden zu klassifizieren oder auch, um eine Funktion zur Vorhersage einer Kaufkraft zu bilden.

Sicherlich hat beinahe jeder Software-Entwickler bereits einen Entscheidungsbaum (meistens binäre Baumstrukturen) programmiert und auch Maschinenbauingenieure benutzen Entscheidungsbäume, um Konstruktionsstrukturen darzustellen. Im Data Science haben Entscheidungsbäume allerdings eine etwas andere Bedeutung, denn ein Data Scientist befasst sich weniger mit dem manuellen Erstellen von solchen Baumstrukturen, sondern viel mehr mit Algorithmen, die ausreichend gute (manchmal: best mögliche) Baumstrukturen automatisch aus eine Menge mehr oder weniger bekannter Daten heraus generieren, die dann für eine automatische Klassifikation bzw. Regression dienen können.

Entscheidungsbäume sind also eine Idee des überwachten maschinellen Lernens, bei der Algorithmen zum Einsatz kommen, die aus einer Datenmenge heraus eine hierarchische Struktur von möglichst wenigen Entscheidungswegen bilden. Diese Datenmenge stellt eine sogenannte Trainingsstichprobe dar. Meiner Erfahrung nach werde Entscheidungsbäume oftmals in ihrer Mächtigkeit, aber auch in ihrer Komplexität unterschätzt und die Einarbeitung fiel mehr selbst schwerer, als ich anfangs annahm: In der Praxis stellt das Verfahren den Data Scientist vor viele Herausforderungen.

In dieser Artikelserie wird es vier nachfolgende Teile geben (Verlinkung erfolgt nach Veröffentlichung):

 

 

R Data Frames meistern mit dplyr – Teil 2

Dieser Artikel ist Teil 2 von 2 aus der Artikelserie R Data Frames meistern mit dplyr.

Noch mehr Datenbank-Features

Im ersten Teil dieser Artikel-Serie habe ich die Parallelen zwischen Data Frames in R und Relationen in SQL herausgearbeitet und gezeigt, wie das Paket dplyr eine Reihe von SQL-analogen Operationen auf Data Frames standardisiert und optimiert. In diesem Teil möchte ich nun drei weitere Analogien aufzeigen. Es handelt sich um die

  • Window Functions in dplyr als Entsprechung zu analytischen Funktionen in SQL,
  • Joins zwischen Data Frames als Pendant zu Tabellen-Joins
  • Delegation von Data Frame-Operationen zu einer bestehenden SQL-Datenbank

Window Functions

Im letzten Teil habe ich gezeigt, wie durch die Kombination von group_by() und summarise() im Handumdrehen Aggregate entstehen. Das Verb group_by() schafft dabei, wie der Name schon sagt, eine Gruppierung der Zeilen des Data Frame anhand benannter Schlüssel, die oft ordinaler oder kategorialer Natur sind (z.B. Datum, Produkt oder Mitarbeiter).

Ersetzt man die Aggregation mit summarise() durch die Funktion mutate(), um neue Spalten zu bilden, so ist der Effekt des group_by() weiterhin nutzbar, erzeugt aber „Windows“, also Gruppen von Datensätzen des Data Frames mit gleichen Werten der Gruppierungskriterien. Auf diesen Gruppen können nun mittels mutate() beliebige R-Funktionen angewendet werden. Das Ergebnis ist im Gegensatz zu summarise() keine Verdichtung auf einen Datensatz pro Gruppe, sondern eine Erweiterung jeder einzelnen Zeile um neue Werte. Das soll folgendes Beispiel verdeutlichen:

Das group_by() unterteilt den Data Frame nach den 4 gleichen Werten von a. Innerhalb dieser Gruppen berechnen die beispielsweise eingesetzten Funktionen

  • row_number(): Die laufende Nummer in dieser Gruppe
  • n(): Die Gesamtgröße dieser Gruppe
  • n_distinct(b): Die Anzahl verschiedener Werte von b innerhalb der Gruppe
  • rank(desc(b)): Den Rang innerhalb der selben Gruppe, absteigend nach b geordnet
  • lag(b): Den Wert von b der vorherigen Zeile innerhalb derselben Gruppe
  • lead(b): Analog den Wert von b der folgenden Zeile innerhalb derselben Gruppe
  • mean(b): Den Mittelwert von b innerhalb der Gruppe
  • cumsum(b): Die kumulierte Summe der b-Werte innerhalb der Gruppe.

Wichtig ist hierbei, dass die Anwendung dieser Funktionen nicht dazu führt, dass die ursprüngliche Reihenfolge der Datensätze im Data Frame geändert wird. Hier erweist sich ein wesentlicher Unterschied zwischen Data Frames und Datenbank-Relationen von Vorteil: Die Reihenfolge von Datensätzen in Data Frames ist stabil und definiert. Sie resultiert aus der Abfolge der Elemente auf den Vektoren, die die Data Frames bilden. Im Gegensatz dazu haben Tabellen und Views keine Reihenfolge, auf die man sich beim SELECT verlassen kann. Nur mit der ORDER BY-Klausel über eindeutige Schlüsselwerte erreicht man eine definierte, stabile Reihenfolge der resultierenden Datensätze.

Die Wirkungsweise von Window Functions wird noch besser verständlich, wenn in obiger Abfrage das group_by(a) entfernt wird. Dann wirken alle genannten Funktionen auf der einzigen Gruppe, die existiert, nämlich dem gesamten Data Frame:

Anwendbar sind hierbei sämtliche Funktionen, die auf Vektoren wirken. Diese müssen also wie in unserem Beispiel nicht unbedingt aus dplyr stammen. Allerdings komplettiert das Package die Menge der sinnvoll anwendbaren Funktionen um einige wichtige Elemente wie cumany() oder n_distinct().

Data Frames Hand in Hand…

In relationalen Datenbanken wird häufig angestrebt, das Datenmodell zu normalisieren. Dadurch bekommt man die negativen Folgen von Datenredundanz, wie Inkonsistenzen bei Datenmanipulationen und unnötig große Datenvolumina, in den Griff. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass tabellarische Datenbestände aufgetrennt werden Stammdaten- und Faktentabellen. Letztere beziehen sich über Fremdschlüsselspalten auf die Primärschlüssel der Stammdatentabellen. Durch Joins, also Abfragen über mehrere Tabellen und Ausnutzen der Fremdschlüsselbeziehungen, werden die normalisierten Tabellen wieder zu einem fachlich kompletten Resultat denormalisiert.

In den Data Frames von R trifft man dieses Modellierungsmuster aus verschiedenen Gründen weit seltener an als in RDBMS. Dennoch gibt es neben der Normalisierung/Denormalisierung andere Fragestellungen, die sich gut durch Joins beantworten lassen. Neben der Zusammenführung von Beobachtungen unterschiedlicher Quellen anhand charakteristischer Schlüssel sind dies bestimmte Mengenoperationen wie Schnitt- und Differenzmengenbildung.

Die traditionelle R-Funktion für den Join zweier Data Frames lautet merge(). dplyr erweitert den Funktionsumfang dieser Funktion und sorgt für sprechendere Funktionsnamen und Konsistenz mit den anderen Operationen.

Hier ein synthetisches Beispiel:

Nun gilt es, die Verkäufe aus dem Data Frame sales mit den Produkten in products zusammenzuführen und auf Basis von Produkten Bilanzen zu erstellen. Diese Denormalisierung geschieht durch das Verb inner_join() auf zweierlei Art und Weise:

Die Ergebnisse sind bis auf die Reihenfolge der Spalten und der Zeilen identisch. Außerdem ist im einen Fall der gemeinsame Schlüssel der Produkt-Id als prod_id, im anderen Fall als id enthalten. dplyr entfernt also die Spalten-Duplikate der Join-Bedingungen. Letzere wird bei Bedarf im by-Argument der Join-Funktion angegeben. R-Experten erkennen hier einen „Named Vector“, also einen Vektor, bei dem jedes Element einen Namen hat. Diese Syntax verwendet dplyr, um elegant die äquivalenten Spalten zu kennzeichnen. Wird das Argument by weggelassen, so verwendet dplyr im Sinne eines „Natural Join“ automatisch alle Spalten, deren Namen in beiden Data Frames vorkommen.

Natürlich können wir dieses Beispiel mit den anderen Verben erweitern, um z.B. eine Umsatzbilanz pro Produkt zu erreichen:

dplyr bringt insgesamt 6 verschiedene Join-Funktionen mit: Neben dem bereits verwendeten Inner Join gibt es die linksseitigen und rechtsseitigen Outer Joins und den Full Join. Diese entsprechen genau der Funktionalität von SQL-Datenbanken. Daneben gibt es die Funktion semi_join(), die in SQL etwa folgendermaßen ausgedrückt würde:

Das Gegenteil, also ein NOT EXISTS, realisiert die sechste Join-Funktion: anti_join(). Im folgenden Beispiel sollen alle Produkte ausgegeben werden, die noch nie verkauft wurden:

… und in der Datenbank

Wir schon mehrfach betont, hat dplyr eine Reihe von Analogien zu SQL-Operationen auf relationalen Datenbanken. R Data Frames entsprechen Tabellen und Views und die dplyr-Operationen den Bausteinen von SELECT-Statements. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, dplyr-Funktionen ohne viel Zutun auf eine bestehende Datenbank und deren Relationen zu deligieren.

Mir fallen folgende Szenarien ein, wo dies sinnvoll erscheint:

  • Die zu verarbeitende Datenmenge ist zu groß für das Memory des Rechners, auf dem R läuft.
  • Die interessierenden Daten liegen bereits als Tabellen und Views auf einer Datenbank vor.
  • Die Datenbank hat Features, wie z.B. Parallelverarbeitung oder Bitmap Indexe, die R nicht hat.

In der aktuellen Version 0.5.0 kann dplyr nativ vier Datenbank-Backends ansprechen: SQLite, MySQL, PostgreSQL und Google BigQuery. Ich vermute, unter der Leserschaft des Data Science Blogs dürfte MySQL (oder der Fork MariaDB) die weiteste Verbreitung haben, weshalb ich die folgenden Beispiele darauf zeige. Allerdings muss man beachten, dass MySQL keine Window Funktionen kennt, was sich 1:1 auf die Funktionalität von dplyr auswirkt.

Im folgenden möchte ich zeigen, wie dplyr sich gegen eine bestehende MySQL-Datenbank verbindet und danach einen bestehenden R Data Frame in eine neue Datenbanktabelle wegspeichert:

Die erste Anweisung verbindet R mit einer bestehenden MySQL-Datenbank. Danach lade ich den Data Frame diamonds aus dem Paket ggplot2. Mit str() wird deutlich, dass drei darin enthaltene Variablen vom Typ Factor sind. Damit dplyr damit arbeiten kann, werden sie mit mutate() in Character-Vektoren gewandelt. Dann erzeugt die Funktion copy_to() auf der MySQL-Datenbank eine leere Tabelle namens diamonds, in die die Datensätze kopiert werden. Danach erhält die Tabelle noch drei Indexe (von dem der erste aus drei Segmenten besteht), und zum Schluß führt dplyr noch ein ANALYSE der Tabelle durch, um die Werteverteilungen auf den Spalten für kostenbasierte Optimierung zu bestimmen.

Meistens aber wird bereits eine bestehende Datenbanktabelle die interessierenden Daten enthalten. In diesem Fall lautet die Funktion zum Erstellen des Delegats tbl():

Die Rückgabewerte von copy_to() und von tbl() sind natürlich keine reinrassigen Data Frames, sondern Objekte, auf die die Operationen von dplyr wirken können, indem sie auf die Datenbank deligiert werden. Im folgenden Beispiel sollen alle Diamanten, die ein Gewicht von mindestens 1 Karat haben, pro Cut, Color und Clarity nach Anzahl und mittlerem Preis bilanziert werden:

Die Definition der Variablen bilanz geschieht dabei komplett ohne Interaktion mit der Datenbank. Erst beim Anzeigen von Daten wird das notwendige SQL ermittelt und auf der DB ausgeführt. Die ersten 10 resultierenden Datensätze werden angezeigt. Mittels der mächtigen Funktion explain() erhalten wir das erzeugte SQL-Kommando und sogar den Ausführungsplan auf der Datenbank. SQL-Kundige werden erkennen, dass die verketteten dplyr-Operationen in verschachtelte SELECT-Statements umgesetzt werden.

Zu guter Letzt sollen aber meistens die Ergebnisse der dplyr-Operationen irgendwie gesichert werden. Hier hat der Benutzer die Wahl, ob die Daten auf der Datenbank in einer neuen Tabelle gespeichert werden sollen oder ob sie komplett nach R transferiert werden sollen. Dies erfolgt mit den Funktionen compute() bzw. collect():

Durch diese beiden Operationen wurde eine neue Datenbanktabelle „t_bilanz“ erzeugt und danach der Inhalt der Bilanz als Data Frame zurück in den R-Interpreter geholt. Damit schließt sich der Kreis.

Fazit

Mit dem Paket dplyr von Hadley Wickham wird die Arbeit mit R Data Frames auf eine neue Ebene gehoben. Die Operationen sind konsistent, vollständig und performant. Durch den Verkettungs-Operator %>% erhalten sie auch bei hoher Komplexität eine intuitive Syntax. Viele Aspekte der Funktionalität lehnen sich an Relationale Datenbanken an, sodass Analysten mit SQL-Kenntnissen rasch viele Operationen auf R Data Frames übertragen können.

Zurück zu R Data Frames meistern mit dplyr – Teil 1.

 

Statistical Relational Learning – Part 2

In the first part of this series onAn Introduction to Statistical Relational Learning”, I touched upon the basic Machine Learning paradigms, some background and intuition of the concepts and concluded with how the MLN template looks like. In this blog, we will dive in to get an in depth knowledge on the MLN template; again with the help of sample examples. I would then conclude by highlighting the various toolkit available and some of its differentiating features.

MLN Template – explained

A Markov logic network can be thought of as a group of formulas incorporating first-order logic and also tied with a weight. But what exactly does this weight signify?

Weight Learning

According to the definition, it is the log odds between a world where F is true and a world where F is false,

and captures the marginal distribution of the corresponding predicate.

Each formula can be associated with some weight value, that is a positive or negative real number. The higher the value of weight, the stronger the constraint represented by the formula. In contrast to classical logic, all worlds (i.e., Herbrand Interpretations) are possible with a certain probability [1]. The main idea behind this is that the probability of a world increases as the number of formulas it violates decreases.

Markov logic networks with its probabilistic approach combined to logic posit that a world is less likely if it violates formulas unlike in pure logic where a world is false if it violates even a single formula. Consider the case when a formula with high weight i.e. more significance is violated implying that it is less likely in occurrence.

Another important concept during the first phase of Weight Learning while applying an MLN template is “Grounding”. Grounding means to replace each variable/function in predicate with constants from the domain.

Weight Learning – An Example

Note: All examples are highlighted in the Alchemy MLN format

Let us consider an example where we want to identify the relationship between 2 different types of verb-noun pairs i.e noun subject and direct object.

The input predicateFormula.mln file contains

  1. The predicates nsubj(verb, subject) and dobj(verb, object) and
  2. Formula of nsubj(+ver, +s) and dobj(+ver, +o)

These predicates or rules are to learn all possible SVO combinations i.e. what is the probability of a Subject-Verb-Object combination. The + sign ensures a cross product between the domains and learns all combinations. The training database consists of the nsubj and dobj tuples i.e. relations is the evidence used to learn the weights.

When we run the above command for this set of rules against the training evidence, we learn the weights as here:

Note that the formula is now grounded by all occurrences of nsubj and dobj tuples from the training database or evidence and the weights are attached to it at the start of each such combination.

But it should be noted that there is no network yet and this is just a set of weighted first-order logic formulas. The MLN template we created so far will generate Markov networks from all of our ground formulas. Internally, it is represented as a factor graph.where each ground formula is a factor and all the ground predicates found in the ground formula are linked to the factor.

Inference

The definition goes as follows:

Estimate probability distribution encoded by a graphical model, for a given data (or observation).

Out of the many Inference algorithms, the two major ones are MAP & Marginal Inference. For example, in a MAP Inference we find the most likely state of world given evidence, where y is the query and x is the evidence.

which is in turn equivalent to this formula.

Another is the Marginal Inference which computes the conditional probability of query predicates, given some evidence. Some advanced inference algorithms are Loopy Belief Propagation, Walk-SAT, MC-SAT, etc.

The probability of a world is given by the weighted sum of all true groundings of a formula i under an exponential function, divided by the partition function Z i.e. equivalent to the sum of the values of all possible assignments. The partition function acts a normalization constant to get the probability values between 0 and 1.

Inference – An Example

Let us draw inference on the the same example as earlier.

After learning the weights we run inference (with or without partial evidence) and query the relations of interest (nsubj here), to get inferred values.

Tool-kits

Let’s look at some of the MLN tool-kits at disposal to do learning and large scale inference. I have tried to make an assorted list of all tools here and tried to highlight some of its main features & problems.

For example, BUGS i.e. Bayesian Logic uses a Swift Compiler but is Not relational! ProbLog has a Python wrapper and is based on Horn clauses but has No Learning feature. These tools were invented in the initial days, much before the present day MLN looks like.

ProbCog developed at Technical University of Munich (TUM) & the AI Lab at Bremen covers not just MLN but also Bayesian Logic Networks (BLNs), Bayesian Networks & ProLog. In fact, it is now GUI based. Thebeast gives a shell to analyze & inspect model feature weights & missing features.

Alchemy from University of Washington (UoW) was the 1st First Order (FO) probabilistic logic toolkit. RockIt from University of Mannheim has an online & rest based interface and uses only Conjunctive Normal Forms (CNF) i.e. And-Or format in its formulas.

Tuffy scales this up by using a Relational Database Management System (RDBMS) whereas Felix allows Large Scale inference! Elementary makes use of secondary storage and Deep Dive is the current state of the art. All of these tools are part of the HAZY project group at Stanford University.

Lastly, LoMRF i.e. Logical Markov Random Field (MRF) is Scala based and has a feature to analyse different hypothesis by comparing the difference in .mln files!

 

Hope you enjoyed the read. The content starts from basic concepts and ends up highlighting key tools. In the final part of this 3 part blog series I would explain an application scenario and highlight the active research and industry players. Any feedback as a comment below or through a message is more than welcome!

Back to Part I – Statistical Relational Learning

Additional Links:

[1] Knowledge base files in Logical Markov Random Fields (LoMRF)

[2] (still) nothing clever Posts categorized “Machine Learning” – Markov Logic Networks

[3] A gentle introduction to statistical relational learning: maths, code, and examples

Success Criteria Process Mining

Process Mining is much more than the automatic drawing of process models.

Process mining is on the rise. By using Process mining, organizations can see how their processes really operate [1]. The results are amazing new insights about these processes that cannot be obtained in any other way. However, there are a few things that can go wrong. In this article, Frank van Geffen and Anne Rozinat give you tips about the pitfalls and advice that will help you to make your first process mining project as successful as it can be. Read more

Interview – Using Decision Science to forecast customer behaviour

Interview with Dr. Eva-Marie Müller-Stüler from KPMG about how to use Decision Science to forecast customer behaviour

Dr. Eva-Marie Müller-Stüler is Chief Data Scientist and Associate Director in Decision Science at KPMG LLP in London. She graduated as a mathematician at the Technical University of Munich with a year abroad in Tokyo, and completed her Doctorate at the Philipp University in Marburg.

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Read this article in German:
“Interview – Mit Data Science Kundenverhalten vorhersagen “

Data Science Blog: Ms Dr. Müller-Stüler, which path led you to the top of Analytics for KPMG?

I always enjoyed analytical questions, and have a great interest in people and finance. For me, understanding how people work and make decisions is incredibly exciting. In my Master’s and my PhD theses I had to analyse large amounts of data and had to program various algorithms. Now, combining a solid mathematical education with specific industry and business knowledge enables me to understand my clients’ businesses and to develop methods that disrupt the market and uncover new business strategies.

Data Science Blog: What kind of analytical solutions do you offer your clients? What benefits do you generate for them?

Our team focuses on Behaviour and Customer Science under a mantra and mission: “We understand human behaviour and we change it”. We look at all the data artefacts a person (for example, the customer or the employee) leaves behind and try to solve the question of how to change their behaviour or to predict future behaviour. With advanced analytics and data science we develop “always-on” forecasting models, which enable our clients to act in advance. This could be forecasting customer demand at a particular location, how it can be improved or influenced in the desired direction, or which kind of promotions work best for which customer. Also the challenge of predicting where, and with what product mix, a new store should be opened can be solved much more accurately with Predictive Analytics than by conventional methods.


Data Science Blog: What prerequisites must be fulfilled to ensure that predictive analyses work adequately for customer behaviour?

The data must, of course, have a certain quality and history to recognize trends and cycles. Often, however, one can also create an advantage by using additional new data sources. Experience and creativity are enormously important to understand what is possible and how to improve the quality of our work, or whether something only increases the noise.

Data Science Blog: What external data sources do you need to integrate? How do you handle unstructured data?

As far as external data sources are concerned, we are very spoiled here in England. We use about 10,000 different signals on average, and which vary depending on the question. These might include signals that show the composition of the population, local traffic information, the proximity of sights, hospitals, schools, crime rates and many more. The influence of each signal is also different for each problem. So, a high number of pick pocketing incidences can be a positive sign of the vibrancy of an area, and that people carry a lot of cash on average. For a fast food retailer with a presence in the city centre, for example, this could have a positive influence on a decision to invest in a new outlet in the area, in another area the opposite.

Data Science Blog: What possibilities does data science provide for forensics or fraud detection?

Every customer is surrounded by thousands of data signals and produces and transmits more by through his behaviour. This enables us to get a pretty good picture about the person online. As every kind of person also has a certain behavioural pattern (and this also applies to fraudsters) it is possible to recognise or predict these patterns in time.

Data Science Blog: What tools do you use in your work? When do you rely on proprietary software or on open source?

This depends on what stage we are in the process and the goal defined. We differentiate our team into different groups: Our Data Wranglers (who are responsible for extracting, generating and processing the data) work with other tools than our Data Modellers. Basically our tool kit covers the entire range of SQL Server, R, Python, but sometimes also Matlab or SAS. More and more, we are working with cloud-based solutions. Data visualization and dashboards in Qlik, Tableau or Alteryx are usually passed on to other teams.

Data Science Blog: What does your working day as a data scientist look like from after the morning café until the end of the evening?

My role is perhaps best described as the player’s coach. At the beginning of a project, it is primarily about working with the client to understand and develop the project. New ideas and methods have to be developed. During a project, I manage the teams and knowledge transfer; the review and the questioning of the models are my main tasks. In the end I do the final sign-off of the project. Since I often run several projects at different stages at the same time, it is guaranteed never boring.

Data Science Blog: Are good Data Scientists of your experience more likely to be consultant types or introvert nerds?

That depends upon what one is focused. A Data Visualizer or Data Artist reduces the information and visualise it in a great and understandable way. This requires creativity, a good understanding of business and safe handling of the tools.

The Data Analyst is more concerned with the “Slicing and Dicing” of data. The aim is to analyse the past and to recognize relationships. It is important to have good mathematical and statistical abilities in addition to the financial knowledge.

The Data Scientist is the most mathematical type. His job is to recognize deeper connections in the data and to make predictions. This involves the development of complicated models or Machine Learning Algorithms. Without a good mathematical education and programming skills it is unfortunately not possible to understand the risk of potential errors in full depth. The danger of drawing wrong conclusions or interpreting correlations counterfactually is very great. A simple example of this is that, in summer, when the weather is beautiful, more people eat ice cream and go swimming. Therefore, there is a strong correlation between eating ice and the number of drowned people, although eating ice cream does not lead to drowning. The influencing variable is the temperature. To minimise the risk for wrong conclusions I think it is important have worked and studied mathematics, data science, machine learning and statistics in depth – this usually means a PhD in science related subject.

Beyond that, business and industry knowledge is also important for a Data Scientist. His solutions must be relevant to the client and solve their problems or improve their processes. The best AI machine does not give any bank a competitive advantage if it predicts the sale of ice cream based on the weather. This may be 100% correct, but has no relevance for the client.

It is quite similar to other areas (e.g., medicine) too. There are many different areas, but for serious problems it is best to ask a specialist so that you do not draw wrong conclusions.

Data Science Blog: For all students who have soon finished their bachelor’s degree in computer science, mathematics, or economics, what would they advise these young ladies how to become good Data Scientists?

Never stop learning! The market is currently developing incredibly fast and has so many great areas to focus on. You should dive into it with passion, enthusiasm and creativity and have fun with the recognition of patterns and relationships. If you also surround yourself with interesting and inspiring people from whom you can learn more, I predict that you’ll do well.

This interview is also available in German: https://data-science-blog.com/de/blog/2016/11/10/interview-mit-advanced-analytics-kundenverhalten-verstehen/

Interview – die Zukunft des Data Science

Interview mit Herrn Dr. Helmut Linde von SAP über Data Science heute und in Zukunft

dr-helmut-lindeHerr Dr. Helmut Linde ist Head of Data Science bei SAP Custom Development. Der studierte Physiker und Mathematiker promovierte im Jahre 2006 und war seitdem für den Softwarekonzern mit Hauptsitz in Walldorf tätig. Dort baute Linde das Geschäft mit Dienstleistungen und kundenspezifischer Entwicklung rund um die Themen Prognose- und Optimierungsalgorithmen mit auf und leitet heute eine globale Data Science Practice.

Data Science Blog: Herr Dr. Linde, welcher Weg hat Sie in den Analytics-Bereich der SAP geführt?

Als theoretischer Physiker habe ich mich natürlich immer schon für die mathematische Modellierung komplexer Sachverhalte interessiert. Gleichzeitig finde ich es extrem spannend, geschäftliche Fragestellungen zu lösen und dadurch in der realen Welt etwas zu bewegen. Die SAP mit ihrer weltweiten Präsenz in allen größeren Branchen und ihrer umfassenden Technologie-Plattform hat mir die ideale Möglichkeit geboten, diese Interessen zusammenzubringen.

Data Science Blog: Welche Analysen führen Sie für Ihre Kundenaufträge durch? Welche Vorteile generieren Sie für Ihre Kunden?

Mein Team arbeitet global und branchenübergreifend, d.h. wir befassen uns mit einer großen Bandbreite analytischer Fragestellungen. Oft geht es dabei darum, das Verhalten von Endkunden besser zu verstehen und vorherzusagen. Auch die Optimierung von Lieferketten und Lagerbeständen ist ein häufiger Anwendungsfall. In unseren Projekten geht es z.B. darum, den Absatz von Tageszeitungen zu prognostizieren, Schichten für Call-Center-Mitarbeiter optimal zu planen, Lastspitzen in Stromnetzen zu vermeiden und vieles andere mehr.

Das Hauptaugenmerk meines Teams liegt dabei auf der Entwicklung von analytischen Software-Lösungen. Für unsere Kunden heißt das, dass sie nicht nur einmalig Wettbewerbsvorteile aus ihren Daten ziehen, sondern Prognosen und Optimierung wiederholbar, nachhaltig und skalierbar in ihre Geschäftsprozesse integrieren können. Außerdem profitieren Kunden natürlich von der Größe der SAP und unserer langjährigen Erfahrung. Bei den allermeisten Anfragen können wir sagen: „Ja, etwas sehr ähnliches haben wir schon einmal gemacht.“

Data Science Blog: Viele Unternehmen haben den Einstieg ins Data Science noch nicht gefunden. Woran hängt es Ihrer Erfahrung nach?

Zunächst einmal sehe ich – basierend auf der Menge an Anfragen, die auf meinem Schreibtisch landen – einen äußerst positiven Trend, der zeigt, dass in vielen Unternehmen das Thema Data Science enorm an Bedeutung gewinnt.

Andererseits gibt es sicherlich Fachgebiete, die leichter zugänglich sind. Nicht in jedem Unternehmen gibt es die kritische Masse an Expertise und Unterstützung, die für konkrete Projekte nötig ist.

Data Science Blog: Welche Möglichkeiten bietet Data Science für die Industrie 4.0?

Unter Industrie 4.0 verstehe ich eine immer stärkere Vernetzung von Maschinen, Sensoren und Erzeugnissen. Schon für das Zusammenführen und Bereinigen der dabei anfallenden Daten wird man einen steigenden Grad an Automatisierung durch Algorithmen benötigen, da ansonsten die manuellen Aufwände viele Anwendungsfälle unwirtschaftlich machen. Darauf aufbauend werden Algorithmen den Kern vieler neuer Szenarien bilden. Mit einigen unserer Kunden arbeiten wir beispielsweise an Projekten, bei denen die Qualität von Endprodukten anhand von Maschineneinstellungen und Sensorwerten vorhergesagt wird. Dies erlaubt eine präzisere Steuerung der Produktion und führt zu reduziertem Ausschuss.  Ein anderes Beispiel ist ein Projekt mit einer Eisenbahngesellschaft, bei dem wir automatisch gewisse Stromverbraucher wie Heizungen oder Klimaanlagen für wenige Minuten abschalten, wenn im Stromnetz eine unerwünschte Lastspitze vorhergesagt wird.

Data Science Blog: Welche Tools verwenden Sie bei Ihrer Arbeit? Setzen Sie dabei auch auf Open Source?

In unseren Projekten orientieren wir uns immer an den Notwendigkeiten des konkreten Anwendungsfalles und an der bereits vorhandenen IT-Landschaft beim Kunden. Schließlich muss unsere Lösung dazu passen und sauber integriert und gewartet werden können. Natürlich kommen häufig hauseigene Werkzeuge wie SAP Predictive Analysis für die Modellbildung oder SAP Lumira für schnelle Visualisierung zum Einsatz. Als Plattform spielt SAP HANA eine große Rolle – nicht nur zur Datenhaltung, sondern auch zur Ausführung von Algorithmen und als Anwendungsserver. In SAP HANA gibt es auch eine Schnittstelle zu ‚R‘, so dass in manchen Projekten auch Open Source zum Einsatz kommt.

Data Science Blog: Was sind aktuelle Trends im Bereich Data Science? Um welche Methoden dreht es sich aktuell besonders stark bei SAP?

Einer der größten Trends der letzten Jahre ist sicherlich die zunehmend ganzheitliche Nutzung von Daten, insbesondere auch von rohen, unstrukturierten Daten gepaart mit einem höheren Grad an Automatisierung. Wo vor vielleicht fünf oder zehn Jahren noch großer Wert auf Datenvorverarbeitung und Feature Engineering gelegt wurde, werden diese Schritte heute zunehmend von den Tools selbständig durchgeführt.

Gleichzeitig wachsen klassisches Business Intelligence und Data Science immer mehr zusammen. Wir sehen eine steigende Zahl von Projekten, in denen Kunden analytische Lösungen implementieren, welche in Komplexität und Funktionsumfang deutlich über traditionelle Berichte und Dashboards hinausgehen, dabei aber durchaus ohne fortgeschrittene Mathematik auskommen.

Data Science Blog: Sofern Sie sich einen Ausblick zutrauen, welche Trends kommen 2017 und 2018 vermutlich auf uns zu?

Data-Science-Methoden und traditionelle Geschäftsprozesse werden immer enger verzahnt. In Zukunft übernehmen Algorithmen viel mehr jener Tätigkeiten, die auch nach umfassender Prozessautomatisierung heute immer noch von Sachbearbeitern zu erledigen sind – zum Beispiel eingehende Zahlungen einer Rechnung zuzuordnen, Lebensläufe von Bewerbern vor zu sortieren, die Plausibilität von Abrechnungen zu prüfen und Ähnliches.

Data Science Blog: Gehört die Zukunft weiterhin den Data Scientists oder eher den selbstlernenden Tools, die Analysen automatisiert für das Business entwickeln, durchführen und verbessern werden?

Es gibt definitiv einen Trend zu stärkerer Automatisierung bei den Tools und den starken Wunsch, Kompetenzen näher an die Endanwender zu bringen. Analysen werden zunehmend in den Geschäftsbereichen selbst durchgeführt.

Gleichzeitig sehe ich einen Wandel in der Rolle des Data Scientist. Es reicht nicht mehr, viele Algorithmen und ein paar Data Mining Tools im Detail zu kennen, um wirklich Mehrwert zu stiften. Der Data Scientist der Zukunft ist ein Vordenker, der ganzheitliche Visionen entwickelt, wie geschäftliche Fragestellungen mit Hilfe von Analytik gelöst werden können. Dabei müssen neue oder geänderte Geschäftsprozesse, ihre technische Umsetzung und algorithmische Lösungen gleichermaßen angegangen werden. Nehmen Sie als Beispiel das Thema Predictive Maintenance: Es gibt viele Data Scientists, die aus Sensordaten etwas über den Zustand einer Maschine ableiten können. Aber nur wenige Experten verstehen es, dies dann auch noch sinnvoll in reale Instandhaltungsprozesse einzubetten.

Die Nachfrage nach einem solchen Rollenprofil, für das es heute noch nicht einmal einen wirklich treffenden und allgemein gebräuchlichen Namen gibt, wird auch in Zukunft weit höher sein als die Verfügbarkeit von qualifizierten Kandidaten.

Data Science Blog: Wie sieht Ihrer Erfahrung nach der Arbeitsalltag als Data Scientist nach dem morgendlichen Café bis zum Feierabend aus?

Unsere Arbeitstage sind sehr abwechslungsreich. Jeder Data Scientist hat meistens ein größeres Kundenprojekt, das 60% bis 90% der Arbeitszeit benötigt. Dazu gehören normalerweise Workshops beim Kunden vor Ort – je nach Projekt und Standort können das zwei Tage in der Schweiz oder auch mal zwei Wochen in China sein. Außerdem fließt natürlich viel Zeit in die Analyse und Visualisierung von Daten, das Programmieren von Algorithmen und Anwendungen sowie die Erstellung von Unterlagen. Manchmal arbeiten wir nebenbei noch an einem anderen kleineren Projekt, zum Beispiel der Entwicklung eines Prototyps für eine Kundenpräsentation.

Einen Großteil unserer Projektarbeit liefern wir remote, das heißt, wir sind nur zu Workshops oder bei besonderem Bedarf beim Kunden vor Ort. Die Entwicklungs- und Analysearbeit erfolgt dann aus dem Büro oder, je nach Präferenz, auch aus dem Home Office. Insgesamt ermöglicht die Arbeitsweise eine gute Work-Life-Balance für alle Lebensmodelle.

Data Science Blog: Welches Wissen und welche Erfahrung setzen Sie für Ihre Data Scientists voraus? Und nach welchen Kriterien stellen Sie Data Science Teams für Ihre Projekte zusammen?

Der Großteil unserer Data Scientists hat einen akademischen Hintergrund mit Promotion und teilweise auch Post-Doc-Erfahrung in einem quantitativen Feld. Man sollte neben oder nach dem Studium schon einige Jahre praktische Erfahrung in quantitativen Analysen und idealerweise auch in Software-Entwicklung gesammelt haben, um als Data Scientist in Projekten erfolgreich zu sein. Daneben ist uns eine hohe Selbständigkeit und Eigenmotivation sehr wichtig, da wir in Projekten mit sehr unterschiedlichen Herausforderungen und vielen neuen und wechselnden Technologien konfrontiert sind, die hohe Umsicht und Flexibilität erfordern.

Unsere Projektteams stellen wir je nach Anforderungen zusammen. Bei Projekten, die stärker auf das Ergebnis einer Analyse abzielen, stellen wir oft ein kleines Projektteam komplett aus geeigneten Data Scientists zusammen. Wenn der Fokus stärker in Richtung eines Software-Produkts geht, wird häufig nur der analytische Kern und ggf. Anforderungs- und Projektmanagement von Data Scientists aus meinem Team übernommen. Dazu stoßen dann noch Kollegen aus anderen Bereichen, die beispielsweise Erfahrung mit bestimmten Backend-Technologien, als Software-Architekt, oder als UX-Designer mitbringen.

Data Science Blog: Grenzen Sie auch andere Rollen ab, wie beispielsweise den Data Engineer? Oder sind beide Tätigkeitsfelder untrennbar miteinander verbunden?

Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass der Data Scientist, der für die Analyse der Daten verantwortlich ist, so weit wie möglich auch in die Vorverarbeitung und Vorbereitung der Daten mit einbezogen wird. Je nach Projekt können gewisse Tätigkeiten auch von Kollegen mit anderem Profil übernommen werden, aber die dedizierte Rolle eines Data Engineers gibt es bei uns nicht.

Data Science Blog: Sind gute Data Scientists Ihrer Erfahrung nach tendenziell eher Beratertypen oder introvertierte Nerds?

Ein wirklich guter Data Scientist passt weder in die eine noch in die andere Schublade. Sie oder er überzeugt in erster Linie durch Kompetenz – und zwar sowohl in geschäftlichen Fragestellungen als auch in technischen und mathematischen. Gleichzeitig ist die Fähigkeit notwendig, gegenüber Projektpartnern und Kunden überzeugend aufzutreten und komplexe Sachverhalte klar und anschaulich zu strukturieren.

Data Science Blog: Für alle Studenten, die demnächst ihren Bachelor, beispielsweise in Informatik, Mathematik oder Wirtschaftslehre, abgeschlossen haben, was würden sie diesen jungen Damen und Herren raten, wie sie einen guten Einstieg ins Data Science bewältigen können?

Seien Sie neugierig und erweitern Sie Ihren Horizont! Die führenden Data Scientists sind Unternehmensberater, Software-Architekt und Mathematiker in einer Person. Versuchen Sie, systematisch Erfahrung in allen drei Bereichen aufzubauen.

Interview – Erfolgreicher Aufbau einer Data Science Kompetenz

Interview mit Dr. Dirk Hecker vom Fraunhofer IAIS über den erfolgreichen Aufbau einer Data Science Kompetenz

dr-dirk-heckerDr. Dirk Hecker ist Geschäftsführer der »Fraunhofer-Allianz Big Data«, einem Verbund von 28 Fraunhofer-Instituten zur branchenübergreifenden Forschung und Technologieentwicklung im Bereich Big Data. Außerdem leitet Dr. Hecker die Abteilung »Knowledge Discovery« am Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS. Die Forschungs­schwerpunkte der Abteilung liegen im Data Mining und Machine Learning. Darüber hinaus verantwortet Dr. Hecker das Data-Scientist-Qualifizierungsprogramm bei Fraunhofer und leitet die Arbeitsgruppe »Smart Cities« im »Smart Data Innovation Lab«. Herr Hecker ist in Mitglied der »Networked European Software and Services Initiative (NESSI)« und hat langjährige Erfahrung in der Leitung von Forschungs- und Industrieprojekten. Seine aktuellen Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Big Data Analytics, Predictive Analytics und Deep Learning.

Data Science Blog: Herr Dr. Hecker, welcher Weg hat Sie zu Fraunhofer geführt und wie treiben Sie Data Science bei Fraunhofer voran?

Ich habe bereits als Student bei Fraunhofer angefangen und nach Abschluss meines Studiums schnell die Leitung einer Arbeitsgruppe übertragen bekommen. Unser Schwerpunkt war damals das Thema Mobility Mining, die automatisierte Extraktion von Mustern aus GPS, Mobilfunkdaten sowie Induktionsschleifenmessungen, vor allem zur Verkehrsmodellierung. Als uns 2012 die Big-Data-Welle erreichte und ich die Abteilung „Knowledge Discovery“ übernahm, haben wir die erste Potenzialanalyse für Big Data in Deutschland veröffentlicht und es fiel der Startschuss für unser Data-Science-Schulungsprogramm, da wir das Unterstützungspotenzial für Unternehmen im Bereich Data Science sofort erkannt haben. Mit der Gründung der Fraunhofer-Allianz Big Data vor jetzt fast drei Jahren konnten wir unser Angebot „Beratung, Technologie, Schulung“ branchenübergreifend ausbauen. Ein Beispiel ist der „Big Data Business Club“, eine exklusive Plattform für Chief Digital oder Data Officers (CDOs) in Unternehmen. Wir beraten und unterstützen Unternehmen branchenübergreifend bei der Umsetzung ihrer Big-Data-Projekte und entwickeln die passenden Tools und Softwareprodukte.

Data Science Blog: Könnten Unternehmen die Projekte nicht einfach in den jeweiligen Fachbereichen direkt selbst umsetzen? Oder in der zentralen Unternehmens-IT-Abteilung?

Für die Datenanalyse braucht man Experten, also Data Scientists. Die gibt es in vielen Fachabteilungen zunächst nicht, und oft auch noch nicht in der zentralen IT. Da ist es ein guter Weg, die Kompetenzen beim eigenen Personal in Kooperationsprojekten mit erfahrenen Partnern aufzubauen.

Data Science Blog: Sie bieten bei Fraunhofer ein sogenanntes „Data Science Starter Toolkit“ an, wofür brauchen Unternehmen ein weiteres Toolkit?

Bevor sie in eine Big-Data-Plattform investieren und sich damit längerfristig binden, können Unternehmen in diesem Toolkit eine breite Palette aktueller Big Data- und In-Memory-Technologien  erproben und sich hier beraten lassen. Außerdem erleichtert das Toolkit die nicht-kommerzielle Kooperation mit akademischen Partnern. Das ist besonders in der Anfangsphase interessant, wenn überhaupt erst das Potenzial in den eigenen Daten exploriert werden soll.

Data Science Blog: Sie bearbeiten Anwendungsfälle unterschiedlicher Branchen. Können sich Branchen die Anwendungsfälle gegenseitig abschauen oder sollte jede Branche auf sich selbst fokussiert bleiben?

Gute Branchenkenntnis ist für uns unerlässlich, denn jede Branche hat ihre Besonderheiten, etwa was die Prozesse oder auch die Datenquellen anbelangt. Dennoch können sich Unternehmen an Best-Practice-Beispielen aus anderen Branchen orientieren. Darum arbeiten wir auch in der Fraunhofer-Allianz Big Data instituts- und branchenübergreifend zusammen. Unsere Kunden schätzen es gerade in der Bratungs- und Ideenfindungsphase, wenn sie über den Tellerrand schauen können und Beispiele aus anderen Branchen vorgestellt bekommen. Außerdem lassen sich externe Datenquellen in verschiedenen Branchen nutzen: Social Media, Mobilfunkdaten, Wikipedia, Nachrichtenkanäle.  Schließlich erwarten wir im Bereich des Deep Learning, dass man bild-, sprach- und textverarbeitende Module in Zukunft vortrainieren und dann mit weniger Aufwand auf die Anwendung spezialisieren kann.

Data Science Blog: Welche Trends im Bereich Machine Learning bzw. Deep Learning werden Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr 2017 von Bedeutung sein?

Schon heute ist das maschinelle Lernen die Schlüsseltechnik für die Echtzeitanalyse von Big Data, also die Überwachung und Automatisierung von Prozessen jeglicher Art. Deep Learning erschließt aktuell insbesondere unstrukturierte Datenmengen, also die bekannte Dimension „Variety“. Die Technik rund um Deep Learning ist aktuell verantwortlich für die jüngsten Erfolge im Bereich der Künstlichen Intelligenz: maschinelles Sehen, Text- und Sprachverstehen, Text- und Sprachproduktion, maschinelle Übersetzung. Damit werden zunehmend intelligente Geräte gebaut und Systeme entwickelt, die uns einerseits Routine-Sacharbeiten und -Entscheidungen abnehmen und uns andererseits als Assistenten begleiten und beraten. In Zukunft werden wir immer weniger auf graphische Benutzeroberflächen angewiesen sein, sondern sprechen oder chatten mit smarten Geräten, Umgebungen und Assistenzsystemen.

Data Science Blog: Es heißt, dass Data Scientists gerade an ihrer eigenen Arbeitslosigkeit arbeiten, da zukünftige Verfahren des maschinellen Lernens Data Mining selbstständig durchführen können. Werden die Tools Data Scientists bald ersetzen?

Auf keinen Fall. In industriellen Datenanalyseprojekten gehen ja bis zu 80% des Aufwands in die Erarbeitung der Aufgabenstellung, in Datenexploration und -vorverarbeitung. Und die Digitalisierung und das Internet der Dinge werden uns noch auf viele Jahre hinaus mit neuen Fragestellungen versorgen. Methoden des Reinforcement-Lernens, die Feedback nutzen, um selbstständig weiter zu lernen, sind Gegenstand aktiver Forschung.  Praktisch stellt sich da auch die Frage, wie Reaktionen der Umwelt überhaupt als Feedback zu interpretieren sind. Und schließlich stellt sich das Problem der Haftung. In einigen Anwendungsbereichen werden wir selbstlernende Systeme vorerst ausschließen, bis sichergestellt werden kann, dass sie sich kein unerwünschtes Verhalten aneignen.  Solche Systeme zu bauen wird eine neue Kompetenz von Data Scientists sein.

Data Science Blog: Sollten Unternehmen erfahrene Data Scientists direkt einkaufen? Oder gibt es auch realistische Möglichkeiten, diese einfach selbst auszubilden?

Wir arbeiten mit etlichen Unternehmen zusammen, die ihren Mitarbeitern eine Fortbildung finanzieren, sei es durch ein berufsbegleitendes Studium, sei es durch Kompaktkurse. Die Fraunhofer-Allianz Big Data bietet zum Beispiel ein umfassendes, kompaktes Schulungsprogramm mit Zertifizierung an. Zudem sind Auftragsprojekte eine gute Gelegenheit, das erlernte Wissen praktisch zu vertiefen. Datenanalyseprojekte sind ja von Natur aus agil und erfordern eine enge Zusammenarbeit. Da ist es leicht, die anstehenden Arbeiten wöchentlich zwischen eigenen Mitarbeitern und externen Experten aufzuteilen. So arbeiten wir bereits mit einigen Unternehmen erfolgreich zusammen, teilweise sind die Fachkräfte sogar bei uns vor Ort oder wir unterstützen sie direkt im Unternehmen.

Data Science Blog: Sind gute Data Scientists Ihrer Erfahrung nach tendenziell eher Beratertypen oder introvertierte Nerds?

Data Scientists, die angefangen beim Geschäft und der Anwendungsdisziplin über die Big-Data-Tools bis zu statistischer Analyse und maschinellen Lernen alles selbst beherrschen, finden Sie selten und dann können Sie die Experten vielleicht nicht bezahlen. Allein schon deshalb arbeiten Data Scientists in Teams und bündeln unterschiedliche Kompetenzen und auch Charaktere. Kommunikative Fähigkeiten sind dabei unabdingbar.

Data Science Blog: Für alle Studenten, die demnächst ihren Bachelor, beispielsweise in Informatik, Mathematik oder Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen haben, was würden Sie diesen jungen Damen und Herren raten, wie sie gute Data Scientists werden können?

Praxis und Neugier. In jedem Datenanalyseprojekt lernt man dazu – durch die Daten und durch die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen. Darum würde ich nach einer Beschäftigung suchen, die immer neue Herausforderungen verspricht. Außerdem richten sich die Gehälter insbesondere nach den fortschrittlichen Tools, die man beherrscht – im Augenblick Spark und Python. Es ist also wichtig, den Blick auf technologische Entwicklungen nicht zu verlieren.

Anmerkung der Redaktion: Das Fortbildungsprogramm der Fraunhofer Acadamy zum Thema Data Science / Big Data ist im Aus- und Fortbildungskatalog enthalten.

 

R Data Frames meistern mit dplyr – Teil 1

Dieser Artikel ist Teil 1 von 2 aus der Artikelserie R Data Frames meistern mit dplyr.

Data Frames sind das Arbeitspferd von R, wenn Daten in eine Struktur gepackt werden sollen, um sie einzulesen, zu säubern, zu transformieren, zu analysieren und zu visualisieren. Abstrakt gesprochen sind Data Frames nichts anderes als Relationen, also Mengen von Tupels, gebildet aus Elementen von geeigneten Mengen.

Dieses Konzept hat sich auch außerhalb des R-Universums bestens bewährt, umzusammengesetzte Daten, Beobachtungen oder Geschäftsobjekte zu repräsentieren. Der beste Beleg für diese Aussage sind die allgegenwärtigen Relationalen Datenbanksysteme (RDBMS). Dort werden Relationen als Tabellen (Tables) oder Sichten (Views) bezeichnet, und darauf wirkt eine mächtige, imperative Abfrage- und Manipulationssprache namens Structured Query Language, kurz:
SQL.

SQL ist in meiner Wahrnehmung die Lingua Franca der Datenverarbeitung, da sie im Kern über sehr viele Softwareprodukte gleich ist und nach erstaunlich geringem Lernaufwand mächtige Auswerte- und Manipulationsoperationen an den Daten ermöglicht. Hier eine SQL-Anweisung, um eine fiktive Tabelle aller Verkäufe (SALES) nach den Top-10-Kunden in diesem Jahr zu untersuchen:

Dieser selbsterklärliche Code aus sieben Zeilen hat einen enormen Effekt: Er fast alle Verkäufe des Jahres 2016 auf Basis der Kundennummer zusammen, berechnet dabei die Summe aller Verkaufsbeträge, zählt die Anzahl der Transaktionen und der verschiedenen vom Kunden gekauften Produkte. Nach Sortierung gemäß absteigenden Umsatzes schneidet der Code nach dem 10. Kunden ab.

SQL kann aber mit der gleichen Eleganz noch viel mehr: Beispielsweise verbinden Joins die Daten mehrerer Tabellen über Fremschlüsselbeziehungen oder analytische Funktionen bestimmen Rankings und laufende Summen. Wäre es nicht toll, wenn R ähnlich effektiv mit Data Frames analoger Struktur umgehen könnte? Natürlich! Aber schon der Versuch, obige SQL-Query auf einem R Data Frame mit den althergebrachten Bordmitteln umzusetzen (subset, aggregate, merge, …), führt zu einem unleserlichen, uneleganten Stück Code.

Genau in diese Bresche springt der von vielen anderen Bibliotheken bekannte Entwickler Hadley Wickham mit seiner Bibliothek dplyr: Sie standardisiert Operationen auf Data Frames analog zu SQL-Operationen und führt zu einer wirklich selbsterklärlichen Syntax, die noch dazu sehr performant abgearbeitet wird. Ganz analog zu ggplot2, das sich an der Grammar of Graphics orientiert, spricht Wickham bei dplyr von einer Grammar of Data Manipulation. Die Funktionen zur Manipulation nennt er folgerichtig Verben.

Dabei treten naturgemäß eine Reihe von Analogien zwischen den Teilen eines SELECT-Statements und dplyr-Funktionen auf:

SELECT-Operation dplyr-Funktion
Bildung der Spaltenliste select()
Bildung eines Ausdrucks mutate()
WHERE-Klausel filter()
GROUP BY Spaltenliste group_by()
Bildung von Aggregaten wie sum() etc. summarise()
HAVING-Klausel filter()
ORDER BY Spaltenliste arrange()
LIMIT-Klausel slice()

Die ersten Schritte

Ich möchte die Anwendung von dplyr mithilfe des Standard-Datensatzes Cars93
aus dem Paket MASS demonstrieren:

Die erste Aufgabe soll darin bestehen, aus dem Data Frame alle Autos zu selektieren, die vom Hersteller “Audi” stammen und nur Model und Anzahl Passagiere auszugeben. Hier die Lösung in Standard-R und mit dplyr:

Man sieht, dass die neue Funktion filter() der Zeilenselektion, also der Funktion subset() entspricht. Und die Auswahl der Ergebnisspalten, die in Standard-R durch Angabe einer Spaltenliste zwischen [ und ] erfolgt, hat in dplyr das Pendant in der Funktion select().

select() ist sehr mächtig in seinen Möglichkeiten, die Spaltenliste anzugeben. Beispielsweise funktioniert dies über Positionslisten, Namensmuster und ggf. das auch noch negiert:

Die obige Abfrage projiziert aus dem Data Frame sämtliche Spalten, die nicht mit “L” beginnen. Das scheint zunächst ein unscheinbares Feature zu sein, zahlt sich aber aus, wenn analytische Data Frames Dutzende oder Hunderte von Spalten haben, deren Bezeichnung sich nach einem logischen Namensschema richtet.
Soweit ist das noch nicht spektakulär. dplyr hilft uns in obigem Beispiel, als erstes bestimmte Datensätze zu selektieren und als zweites die interessierenden Spalten zu projizieren. dplyr ist aber bezüglich der Verarbeitung von Data Frames sehr intuitiv und funktional, sodass wir früher oder später viele Operationen auf unserem Data Frame verketten werden. So erreichen wir die Mächtigkeit von SQL und mehr. Die funktionale Syntax aus dem letzten Beispiel wird dann ganz schnell unleserlich, da die Verabeitungsreihenfolge (zuerst filter(), dann select()) nur durch Lesen des Codes von innen nach außen und von rechts nach links ersichtlich wird.

Daher geht dplyr einen Schritt weiter, indem es den eleganten Verkettungsoperator %>% aus dem magrittr-Paket importiert und zur Verfügung stellt. Dadurch werden die verschachtelten Ausdrücke in Sequenzen von Operationen gewandelt und somit sehr viel lesbarer und wartbarer:

Diese in meinen Augen geniale Syntax durch den neuen Operator %>% erlaubt einen sequenziellen Aufbau der Operationen auf einem Data Frame. Benutzer der Unix-Kommandozeile werden hier leicht die Analogie zu Pipes erkennen. Ganz abstrakt kann man sagen, dass damit folgende Operationen äquivalent sind:

Traditioneller Funktionsaufruf Verkettung mit %>%
f(a,b) a %>% f(b)
f(a,b,c) a %>% f(b,c)
g(f(a,b),c) a %>% f(b) %>% g(c)

Weiteres erklärt die Dokumentation zum %>%-Operator im Paket magrittr mithilfe
des Befehls ?magrittr::‘%>%‘.

Neue Variablen

Durch die Funtionen select() und filter() können wir aus Data Frames Spalten projizieren und Zeilen selektieren. Ergebnisse neuer Ausdrücke entstehen hingegen mit dem Verb mutate():

Im obigen Beispiel wird zunächst auf den Hersteller Audi selektiert und danach auf einen Streich zwei neue Spalten eingeführt, l_100km und eur. Durch Zuweisen auf eine neue Variable wird das fertige Ergebnis dauerhaft gespeichert. Hierbei handelt es sich wieder um ein natives Data Frame-Objekt. Die Operation transmute() arbeitet analog zu mutate(), verwirft aber nach Bildung der Ausdrücke alle nicht genannten Spalten. Somit können wir obiges Beispiel auch wie folgt schreiben:

Aggregate

Neben der Selektion von Zeilen und Spalten sowie der Bildung abgeleiteter Ausdrücke ist bei Datenbanktabellen die Gruppierung und Aggregation mit GROUP BY eine sehr wichtige Operation. Dies gilt auch für Data Frames in R, wenngleich hier der Funktionsumfang über diverse Funktionen wie table() oder aggregate() verteilt ist und wenig intuitiv ist.

Hier bringt dplyr ebenfalls eine großartige Verbesserung mit. Das entsprechende Verb heißt group_by(). Diese Operation wird zusammen mit einer Spaltenliste auf ein Data Frame angewendet:

Das Ergebnis von group_by() ist ein Objekt, das “mehr” ist als ein Data Frame, sondern auch noch einige spezifische Strukturinformationen von dplyr enthält. In unserem Beispiel sind dies Indizes von Zeilen, die zum gleichen Hersteller gehören. Das ursprüngliche Data Frame wird hierbei nicht kopiert, sondern nur eingebettet.

Nach Anwenden einer group_by()-Operation ist das Data Frame optimal vorbereitet für die eigentliche Aggregation mit summarise():

Das Resultat von summarise() ist wieder ein Data Frame, das neben den ursprünglichen Gruppierungskriterien nur noch die Aggregate enthält.

Daten in Reih’ und Glied

Zwischen Relationalen Datenbanken und R-Data Frames besteht ein wesentlicher konzeptioneller Unterschied: Die Ergebnisse eines SELECT-Befehls haben keine definierte Reihenfolge, so lange die Zeilen nicht mit der Klausel ORDER BY festgelegt wird. Im Gegensatz dazu haben die Zeilen von Data Frames eine konstante Reihenfolge, die sich aus der Anordnung derWerte in den Spaltenvektoren ergibt.

Dennoch ist es manchmal wünschenswert, Data Frames umzusortieren, um eine fachliche Reihenfolge abzubilden. Hierzu dient in dplyr das Verb arrange(), das im Standard-R weitgehend der Indizierung eines Data Frames mit Ergebnissen der order()-Funktion entspricht, aber syntaktisch eleganter ist:

Dieses Beispiel hat zum Ziel, die fünf PS-stärksten Autos zu selektieren. Die arrange()-Funktion sortiert hier zunächst absteigend nach der PS-Stärke, dann aufsteigend nach Herstellername. Die Selektion der 5 ersten Zeilen erfolgt mit der hilfreichen Funktion slice(), die aus einem Data Frame Zeilen anhand ihrer Reihenfolge selektiert.

Fazit und Ausblick

Mit dplyr wird die Arbeit mit Data Frames stark verbessert: Im Vergleich zu “nacktem” R bringt das Paket eine klarere Syntax, abgerundete Funktionalität und bessere Performance. In der Kürze dieses Artikels konnte ich dies nur oberflächlich anreissen. Daher verweise ich auf die vielen Hilfe-Seiten, Vignetten und Internet-Videos zum Paket. Im zweiten Teil dieses Artikels werde ich auf einige fortgeschrittene Features von dplyr eingehen, z.B. die Verknüpfung von Data Frames mit Joins, die Window-Funktionen und die Verwendung von Datenbanken als Backend.

Weiter zu R Data Frames meistern mit dplyr – Teil 2.

Interview – Mit Data Science Kundenverhalten vorhersagen

Frau Dr. Eva-Marie Müller-Stüler ist Associate Director in Decision Science der KPMG LLP in London. Sie absolvierte zur Diplom-Mathematikerin an der Technischen Universität München, mit einem einjährigen Auslandssemester in Tokyo, und promovierte an der Philipp Universität in Marburg.

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“Interview – Using Decision Science to forecast customer behaviour”

Data Science Blog: Frau Dr. Müller-Stüler, welcher Weg hat Sie bis an die Analytics-Spitze der KPMG geführt?

Ich hatte schon immer viel Spaß an analytischen Fragestellungen, aber auch ein großes Interesse an Menschen und Finance. Die Frage wie Menschen ticken und Entscheidungen treffen finde ich unglaublich spannend. Im Mathematikstudium und auch bei der Doktorarbeit kamen dann das Auswerten von großen Datenmengen und das Programmieren von Algorithmen hinzu. Die solide mathematische Ausbildung kombiniert mit dem spezifischen Branchen- und Finanzverständnis ermöglicht es mir das Geschäftsmodell meiner Kunden zu verstehen und Methoden zu entwickeln, die den Markt verändern und neue Wege finden.

Data Science Blog: Welche Analysen führen Sie für Ihre Kundenaufträge durch? Welche Vorteile generieren Sie für Ihre Kunden?

Unser Team beschäftigt sich hauptsächlich mit Behaviour und Customer Science. Daher auch der Slogan „We understand human behaviour and we change it“. Unser Focus ist der Mensch (z.B. Kunde oder der Mitarbeiter) und die Frage, wie wir ihn durch das Verständnis seiner Datenartefakte im Verhalten ändern bzw. zukünftiges Verhalten vorhersagen können. Auf dieser Basis entwickeln wir Always-on forecasting Modelle, die es dem Mandanten ermöglichen, bereits im Vorfeld zu agieren. Das kann z.B. bedeuten, durch ortgenaue Informationen spezifische Kundennachfrage an einem bestimmten Standort vorherzusagen, wie sie verbessert oder in die gewünschte Richtung beeinflusst werden kann oder durch welche Maßnahmen bzw. Promotions welcher Kundentyp optimal erreicht wird. Oder auch die Frage wo und mit welcher Produktmischung am besten ein neues Geschäft eröffnet werden soll, ist mit Predictive Analytics viel genauer vorherzusagen als durch herkömmliche Methoden.

Data Science Blog: Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit prädiktive Analysen für Kundenverhalten adäquat funktionieren?

Die Daten müssen natürlich eine gewisse Qualität und Historie haben um z. B. auch Trends und Zyklen zu erkennen. Oft kann man sich aber auch über die Einbindung neuer Datenquellen einen Vorteil erschaffen. Dabei ist Erfahrung und Kreativität enorm wichtig, um zu verstehen was möglich ist und die Qualität verbessert oder ob etwas nur für mehr Rauschen sorgt.

Data Science Blog: Welche externen Datenquellen müssen Sie dafür einbinden? Wie behandeln Sie unstrukturierte Daten?

Hier in England ist man – was externe Datenquellen angeht – schon sehr verwöhnt. Wir benutzen im Schnitt an die 10.000 verschiedene Signale, die je nach Fragestellung unterschiedlich seien können: z. B. die Zusammensetzung der Bevölkerung, Nahverkehrsinformationen, die Nähe von Sehenswürdigkeiten, Krankenhäusern, Schulen, Kriminalitätsraten und vieles mehr. Der Einfluss eines Signals ist bei jedem Problem unterschiedlich. So kann eine hohe Anzahl an Taschendiebstählen ein Zeichen dafür sein, dass in der Gegend viel los ist und die Menschen im Schnitt viel Bargeld bei sich tragen. Das kann z. B. für einen Fast Food-Retailer in der Innenstadt durchaus einen positiven Einfluss auf sein Geschäft haben in einer anderen Gegend aber das Gegenteil bedeuten.

Data Science Blog: Welche Möglichkeiten bietet Data Science für die Forensik bzw. zur Betrugserkennung?

Da jeden Kunden tausende Datensignale umgeben und er durch sein Verhalten weitere produziert und aussendet, kann man gerade beim Online-Geschäft schon ein ziemlich gutes Bild über die Person bekommen. Jede Art von Mensch hat ein gewisses Verhaltensmuster und das gilt auch für Betrüger. Diese Muster muss man nur rechtzeitig erkennen oder vorherzusagen lernen.

Data Science Blog: Welche Tools verwenden Sie bei Ihrer Arbeit? In welchen Fällen setzten Sie auf proprietäre Software, wann hingegen auf Open Source?

Das hängt vom Arbeitsschritt und dem definierten Ziel ab. Wir unterscheiden unser Team in unterschiedliche Gruppen: Unsere Data Wrangler (die für das Extrahieren, Erzeugen und Aufbereiten der Daten zuständig sind) arbeiten mit anderen Tools als z. B. unsere Data Modeller. Im Grunde umfasst es die gesamte Palette von SQL Server, R, Python, manchmal aber auch Matlab oder SAS. Immer häufiger arbeiten wir auch mit auf Cloud-Technologie basierenden Lösungen. Data Visualisation und Dashboards in Qlik, Tableau oder Alteryx geben wir in der Regel jedoch an andere Teams weiter.

Data Science Blog: Wie sieht Ihrer Erfahrung nach der Arbeitsalltag als Data Scientist nach dem morgendlichen Café bis zum Feierabend aus?

Meine Rolle ist vielleicht am besten zu beschreiben als der Player-Coach. Da läuft von allem etwas mit ein. Am Anfang eines Projektes geht es vor Allem darum, mit den Mandaten die Fragestellung zu erarbeiten und das Projekt zu gewinnen. Teil dessen ist auch neue Ideen und Methoden zu entwickeln.  Während eines Projektes sind das Team Management, der Wissenstransfer im Team, der Review und das Hinterfragen der Modelle meine Hauptaufgaben. Am Schluss kommt dann der endgültige Sign-off des Projektes. Da ich oft mehrere Projekte in unterschiedlichen Stadien gleichzeitig leite, wird es garantiert nie langweilig.

Data Science Blog: Sind gute Data Scientists Ihrer Erfahrung nach tendenziell eher Beratertypen oder introvertierte Nerds?

Das hängt so ein bisschen davon ab wo man seinen Schwerpunkt sieht. Als Data Visualizer oder Data Artist geht es darum die Informationen auf das wesentlich zu reduzieren und toll und verständlich darzustellen. Dafür braucht man Kreativität und ein gutes Verständnis für das Geschäft und einen sicheren Umgang mit den Tools.

Der Data Analyst beschäftigt sich vor Allem mit dem „Slice and Dice“ von Data. Ziel ist es, die Vergangenheit zu analysieren und Zusammenhänge zu erkennen. Es ist wichtig zusätzlich zu dem finanziellen Wissen auch gute mathematische Fähigkeiten zu haben.

Der Data Scientist ist der mathematischste von allen. Er beschäftigt sich damit aus den Daten tiefere Zusammenhänge zu erkennen und Vorhersagen zu treffen. Dabei geht es um die Entwicklung von komplizierten Modellen oder auch Machine Learning Algorithmen. Ohne eine gute mathematische Ausbildung und Programmierkenntnisse ist es leider nicht möglich die Sachen in voller Tiefe zu verstehen. Die Gefahr falsche Schlüsse zu ziehen oder Korrelationen zu interpretieren, die sich aber nicht bedingen ist sehr groß. Ein einfaches Beispiel hierfür ist, dass im Sommer, wenn das Wetter schön ist, mehr Menschen Eis essen und in Seen baden gehen. Daher lässt sich eine eindeutige Korrelation zwischen Eis essen und der Anzahl an Ertrunkenen zeigen, obwohl nicht das Eis essen zum Ertrinken führt sondern die beeinflussende Variable die Temperatur ist. Daher ist ein Doktor in einem mathematiknahen Fach schon wichtig.

Genauso ist aber für den Data Scientist auch das entsprechende Finanz- und Branchenwissen wichtig, denn seine Erkenntnisse und Lösung müssen relevant für den Kunden sein und deren Probleme lösen oder Prozesse verbessern. Die tollste AI Maschine bringt keiner Bank einen Wettbewerbsvorteil, wenn sie den Eisverkauf auf Basis des Wetters vorhersagt. Das kann zwar rechnerisch 100% richtig sein, hat aber keine Relevanz für den Kunden.

Es ist im Grunde wie in anderen Bereichen (z. B. der Medizin) auch. Es gibt viele verschiedene Schwerpunkte und für ernsthafte Probleme wendet man sich am besten an einen Spezialisten, damit man keine falschen Schlüsse zieht.

Data Science Blog: Für alle Studenten, die demnächst ihren Bachelor, beispielsweise in Informatik, Mathematik oder Wirtschaftslehre, abgeschlossen haben, was würden sie diesen jungen Damen und Herren raten, wie sie gute Data Scientists werden können?

Nie aufhören mit dem Lernen!  Der Markt entwickelt sich derzeit unglaublich schnell und hat so viele tolle Seiten. Man sollte einfach mit Leidenschaft, Begeisterung und Kreativität dabei sein und Spaß an der Erkennung von Mustern und Zusammenhängen haben. Wenn man sich dann noch mit interessanten und inspirierenden Menschen umgibt, von denen man noch mehr lernen kann, bin ich zuversichtlich, dass man eine tolle Arbeitszeit haben wird.

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