Daten als Frühwarnsystem einsetzen

In der klassischen Business Intelligence haben Unternehmen jahrelang Daten in Data Warehouses gesammelt und analysiert, um aus der Vergangenheit Lehren für die Zukunft zu ziehen. Zu seiner Zeit war das eine Revolution, aber da es sich dabei vor allem um Daten aus Transaktionssystemen handelte, war der Nutzen begrenzt. Erst mit der Verbreitung des IoT und von Sensoren, die permanent Daten liefern, konnten auch Gründe für Fehler oder Maschinenausfälle ausgelesen werden. Und wenn diese Gründe bestimmten Mustern folgen, liegt es nahe, einzugreifen, bevor ein Problem auftritt – das ist der Grundgedanke hinter dem Konzept von Predictive Analytics.

Großes bisher meist ungenutztes Potential

Systeme, die Risiken und Abweichungen als Frühwarnsystem erkennen, besitzen ein enormes wirtschaftliches Potential. In der Produktion beispielsweise können Maschinen länger reibungsfrei laufen und auch die IT-Infrastruktur profitiert. Predictive Analytics verändern aber auch die Unternehmensführung von Grund auf: Wenn Entscheidungen nur noch auf Basis von Daten anstatt von einem „Bauchgefühl” getroffen werden, verändert sich auch das Machtgefälle zugunsten der IT.

Wenn Entscheider sich nur noch auf Daten verlassen sollen/wollen und ihr Bauchgefühl ausschalten müssen, dann führt das zu einer Art “kultureller Überforderung” wie die Studie „Predictive Analytics 2018“ von IDG Research Services zeigt. Aber den meisten von ihnen ist klar, dass an dem Thema auf lange Sicht kein Weg vorbei führt. Zum Zeitpunkt der Befragung, die schon etwas zurückliegt, stuften bereits 47 Prozent der Unternehmen die Relevanz von Predictive Analytics als sehr hoch (18 Prozent) oder hoch (29 Prozent) ein. Über ein Drittel war aber bereits der Überzeugung, das Predictive Analytics spätestens 2021 eine sehr wichtige Rolle spielen wird.

Intelligenz in den Workflow bringen

Für Managed-Cloud-Unternehmen wie Adacor gewinnt Predictive Analytics in zweierlei Hinsicht an Bedeutung. Zum einen lassen sich damit Prozesse verbessern, mit denen bereits in der Vergangenheit Themen wie das Management von Server-Log-Daten oder CPU-Auslastungen automatisiert und vorausschauend gesteuert wurden.

Für Private Cloud Services, der maßgeschneiderten Erweiterung von internen Rechenzentren bedeutet dies, Teile des Live-Monitorings nach und nach in ein Predictive-Monitoring umzuwandeln und so auf mögliche Ausfälle oder Beeinträchtigungen von Servern im Vorfeld zu reagieren, um so auch den Ausfall für den Kunden zu verhindern. In einem einfachen Beispiel bewertet ein Deep-Learning Modell, ob auf einem beliebigen System die Festplattenfüllstände in der Zukunft stabil verlaufen werden oder ob mit instabilem Verhalten zu rechnen ist. Wird Stabilität erwartet, dann kann ein simpleres Vorhersagemodell diese Stabilität nutzen und die Füllstände vorhersagen. Ist mit instabilem Verhalten zu rechnen, dann wissen die Administratoren, dass sie ein besonderes Auge auf das entsprechende System werfen sollten. So wird durch vergleichsweise einfache Predictive-Monitoring Methoden bereits eine deutlich erhöhte Ausfallsicherheit der Systeme gewährleistet.

Neben stark individualisierten Cloud-Lösungen werden in Zukunft standardisierte Angebote immer mehr nachgefragt werden, die durch Predictive-Analytic-Tools „intelligenter” werden. Übersetzt bedeutet das, maschinelles Lernen nach Möglichkeit automatisch auf neue Prozesse anzuwenden und so Server bzw. die Cloud noch leistungsfähiger und sicherer zu machen.

Size matters

Die Studie zeigte, dass vor allem große Unternehmen Ressourcen für Analytics-Projekte bereitstellen. Über ein Drittel von ihnen hatte bereits Analytics-Projekte umgesetzt, mehr als die Hälfte davon im Bereich Predictive Analytics. Kleine und mittelständische Firmen hingegen verfügten noch wenig über umfangreiche Analytics-Systeme. Die Ergebnisse aus den Predictive-Analytics-Projekten beeinflussen im Wesentlichen auch die Management-Entscheidungen. 94 Prozent der Firmen, die Predictive Analytics anwenden, steuern über die Auswertungen Prozesse vor allem im IT-Bereich, im strategischen Management sowie in Produktion und Fertigung. Die großen Unternehmen sind also größtenteils schon dabei, sich die Vorteile zu nutzen zu machen. Bei mittelständischen und kleineren Unternehmen besteht noch deutlicher Nachholbedarf. Schon die technischen Voraussetzungen genügen häufig nicht den Anforderungen.

Fast alle Branchen können profitieren

Das erstaunt, denn Predictive Analytics kann in vielen Bereichen als eine Art Frühwarnsystem eingesetzt werden. Es hilft nicht nur dabei, Maschinenausfälle bei Produktionsunternehmen durch vorausschauende Wartungen zu minimieren. Es kann zum Beispiel auch den Vertrieb von Handelsunternehmen optimieren. In der Medizin kommen bereits Methoden zum Einsatz, durch die sich Risikofaktoren schneller identifizieren und die Behandlung von Krankheiten insgesamt verbessern lässt. Versicherungen und auch Finanzinstitute kalkulieren ihre Produkte und Prämien seit jeher erfolgreich auf Basis von Wahrscheinlichkeitsanalysen und Hochrechnungen. Auch im Bereich der Betrugsprävention werden entsprechend Methoden und Tools verstärkt eingesetzt, um Kriminellen das Handwerk zu legen.

Man sieht, es lohnt sich für Unternehmen, die Daten sammeln, ihre Strategie an die neuen Technologien anzupassen. Die aktuellen Möglichkeiten zur Analyse und Aggregierung von Daten und Informationen sind extrem groß. Es kommt darauf an, Muster in den „Big Data” zu erkennen und diese richtig zu interpretieren – anstatt dieselben Fehler immer und immer wieder zu machen.

“Saubere Ablage“ bringt Unternehmen nicht weiter

Unternehmen, die Daten sammeln, um diese lediglich sauber abzulegen und zu archivieren, sollten Ihre Strategie an die neuen Möglichkeiten des Predictive Analytics anpassen. Die aktuellen Möglichkeiten zur Auswertung und zur Verdichtung von Daten zu Informationen und somit zur Generierung von Wissen sind extrem groß. Nur wer Muster im großen Reich der Daten erkennt und diese auch richtig interpretieren kann, wird kann mit Predicitve Analytics ein Frühwarnsystem zu seinen Gunsten aufbauen.

Simon Krannig

Simon Krannig arbeitet als Data Scientist bei der Adacor Hosting. Durch sein Studium der Angewandten Mathematik wurde er auf die spannenden Möglichkeiten von Predictive Analytics aufmerksam und beschäftigt sich seitdem mit Themen aus den Bereichen Statistik, Optimierung, Machine Learning, Neuronalen Netzen, Datenvisualisierung und Automatisierung sowie künstlicher Intelligenz und AI Ethics.

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