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Interview – Advanced Data Science in der Finanz- und Versicherungsbranche

Dr. Andreas Braun von der Allianz SE spricht exklusiv mit dem Data Science Blog über die Bedeutung von Data Science in der Finanz- und Versicherungsindustrie und was er von einem guten Data Scientist erwartet.

dr-andreas-braunDr. Andreas Braun ist Head of Global Data & Analytics bei der Allianz SE in München. Der promovierte Informatiker von der TU München begann seine Karriere als Berater bei Accenture, leitete danach verschiedene Abteilungen für Analyse und Digitalisierung und zuletzt den globalen Geschäftsbereich Business Applications bei der GfK SE. Er gilt heute als eine der erfahrensten Führungskräfte mit explizitem Know How in der Nutzung von Data & Analytics.

Data Science Blog: Herr Dr. Braun, welcher Weg hat Sie bis an die Analytics-Spitze der Allianz SE geführt?

Als Informatiker kam ich über Software-Entwicklung und Verteilte Systeme zur Datenanalyse. Schon während des Studiums war ich Mitbegründer einer Software-Firma, die Bildverarbeitungs- und Analyse-Software entwickelte. Der Schwenk hin zur Entwicklung von Systemen künstlicher Intelligenz kam während der Promotion an der TUM, insbesondere, da mein Doktorvater erst kürzlich von der Carnegie Mellon University (CMU) dorthin gewechselt hatte. (An der CMU wurde der Begriff Künstliche Intelligenz ja ursprünglich geprägt.) Dadurch hatte ich mir Schwerpunkte auf global verteilte Systeme und Künstliche Intelligenz gesetzt. Nach meinem akademischen Ausbildungsweg war ich dann in der Unternehmensberatung und später in der Marktforschung tätig. Als Global Head für Business Applications bei der GfK SE, der Gesellschaft für Konsumforschung, haben wir bereits 2011 auf Big Data Technologien, wie Hadoop und NoSQL,  gesetzt.

Als die Allianz sich auf Gruppenebene verstärkt im Bereich Digitalisierung und somit auch Data Analytics und Data Science aufstellte und konsequent ein eigenes Data & Analytics Team aufbaute, kam für mich die Gelegenheit zum Wechsel nach München. Seit Mai 2014 leite ich nun Global Data & Analytics (GD&A) bei der Allianz SE und setze vor allem auf Leute, die bereits Data Analytics und Data Science Expertise mitbringen, oft auch von außerhalb der Finanz- und Versicherungsindustrie.

Data Science Blog: Welche Rolle sehen Sie für Big Data Analytics in der Finanz- und Versicherungsbranche?

Aus meiner Sicht ist sogenannte „Big Data“ Technologie, also verteilte Systeme, neue Datenbanken usw., die eigentliche Maschinerie hinter der Digitalisierung. Es gibt zunehmend viele „Frontends“, also z. B. Benutzeroberflächen, (mobile) Geräte und Sensoren, für Anwender, mit denen Daten generiert werden. Webseiten, Apps, Smartphones und Connected Cars sind für sich gesehen jedoch noch nicht besonders intelligent und somit eingeschränkt nützlich. Die wirklich nutzbringende Intelligenz basiert auf Kontext, Daten und Analytics und ergibt sich erst durch die Vernetzung unzähliger Einzelkomponenten über Data Analytics Systeme. Auf dieser Basis lassen sich dann neue und digitale Geschäftsmodelle fördern.

Viele der heute gängigen Anwendungsfälle sind vielleicht von der Grundidee her manchmal ein alter Hut, lassen sich durch die jetzt verfügbare Technologie aber deutlich besser oder gar erstmalig lösen. Beispielsweise betreibt die Allianz Betrugserkennung schon sehr lange. Mittlerweile lassen sich jedoch komplexe oder gar organisierte Betrugsnetzwerke mit Ansätzen wie maschinellem Lernen (Machine Learning) und Graphen-Datenbanken sehr viel schneller, deutlich zuverlässiger und auch noch kostengünstiger aufdecken. Dadurch entstand bereits ein erheblich messbarer Vorteil für die Versichertengemeinschaft!

Data Science Blog: Wie arbeitet das Data & Analytics Team?

Im Data & Analytics Team werden daten-getriebene und analytische Anwendungsfälle („Use Cases“) pilotiert, prototypisch umgesetzt, methodisch validiert und auf unserer Referenzarchitektur („Stack“) aufgesetzt.

Ich glaube, die Data Scientists fühlen sich hier wohl, da wir für die unterschiedlichsten Fachbereiche und Landesgesellschaften tätig werden, die über große und sehr variantenreiche Datenquellen verfügen und sehr vielseitige Problemstellungen mitbringen. Abwechslung sowie beständiges Lernen sind somit garantiert. Für die Fachbereiche bieten wir alles aus einer Hand und geben einen schnellen Einstieg in die produktive Nutzung von großen und verteilten Datenbeständen.

Wir fühlen uns eigentlich fast wie ein eigenes Start-Up innerhalb des Konzerns und haben unsere eigene Infrastruktur. Das gibt uns Geschwindigkeit und Flexibilität bei gleichzeitig höchsten Standards für Sicherheits- und Datenschutz.

Data Science Blog: Finden die Analysen nur in Ihrem Team oder auch in den Fachbereichen statt?

Die Projekte werden in der Regel bei uns zentral durchgeführt, werden dabei aber meist vom Fachbereich angestoßen. Wir arbeiten dabei mit den jeweiligen Kollegen Hand in Hand. Die Fachbereiche sind stets eingeladen, möglichst eng mit uns zusammen zu arbeiten. Natürlich gibt es aber auch Projekte, die zentral ansetzen und im Wesentlichen erstmal von uns allein getrieben werden, insbesondere Themen, die eher R&D sind.

Data Science Blog: In wie weit werden unstrukturierte Daten in die Analysen einbezogen?

Unstrukturierte Daten spielen eine immer größere Rolle. Ich vermute, dass bereits etwa 70% der verwendeten Daten nach Volumen unstrukturiert oder semi-strukturiert sind.

Data Science Blog: Werden diese vollwertig genutzt oder sind diese nur eine Vorstufe, bevor sie in eine strukturierte Datenbank gespeist werden?

Unstrukturierte Daten werden bei uns nicht in eine strukturierte Datenbank überführt. Grundsätzlich belassen wir Rohdaten i.d.R. möglichst unverändert.

Aus technischer Sicht liegt unser Fokus vor allem auf den sogenannten NoSQL-Datenbanken und dazu passenden Datenformaten, wie z. B. großen, flachen Tabellen („Bigtable“), Parquet- und neuen Prozessmodellen, wie Streaming und Microbatches usw. Relationale Datenbanken spielen dabei eine eher untergeordnete Rolle, haben aber natürlich auch weiterhin ihre Berechtigung, beispielsweise für Meta-/ Stammdaten.

Data Science Blog: Die Allianz als Versicherer besitzt personenbezogene Datenbestände, welche Rolle spielt in Ihrer Arbeit der Datenschutz?

Wir befassen uns sehr viel mit IT-Sicherheit, Datenschutz (Data Privacy) und Datenethik. Die rechtlich zulässige Nutzung von Daten setzt für uns den Rahmen jeglicher Aktivitäten. Und während wir in Bezug auf IT-Sicherheit auf erhebliche Erfahrungswerte und Lösungsmuster zurückgreifen können, sind Data Privacy und Datenethik neue Themenkomplexe im Bereich der Datenanalytik, die sehr eng mit der Analyse verknüpft sind. Ich glaube, dass die letztliche Komplexität hierbei noch nicht vollständig erfasst ist, weswegen wir uns auch stark in der Forschung und Entwicklung in diesem Feld engagieren.

So hat die Allianz kürzlich einen Lehrstuhl für „Großskalige Datenanalyse und Maschinelles Lernen“ an der TU-München gestiftet, wovon wir uns u.a. einen Beitrag zur Erörterung entsprechender Fragen zur Datennutzung  erhoffen.

Data Science Blog: Welche Art von Data Scientists suchen Sie für Ihre zukünftigen Umsetzungen?

Data Scientists können bei uns abwechslungsreich arbeiten und für verschiedene Projekte unterschiedliche Rollen einnehmen und daran wachsen. Unsere Kollegen haben vorwiegend einen ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Hintergrund, vor allem Informatiker, Physiker, Mathematiker und Statistiker, aber auch beispielsweise Psychologen.

Data Science Blog: Suchen Sie eher den introvertierten Nerd oder den kommunikationsstarken Beratertyp?

Wir suchen vor allem Hardcore Data Scientists, dazu gehören für mich eher die Naturwissenschaftler. Für uns ist Data Science programmatisch, also ganz klar abgegrenzt von „Klick“-orientierter Business Intelligence. Im Data Science kommen verschiedene Tools und Programmiersprachen zum Einsatz. Die meisten Data Scientists sind zwar keine Software-Entwickler, aber dennoch werden die Aufgaben im Kern durch Programmierung unter Einsatz von statistischen Verfahren und Methoden des maschinellen Lernens gelöst. Von einem Data Scientist erwarte ich darüber hinaus, dass die Qualität eines Modells nicht nur bloß eingeschätzt, sondern auch methodisch fundiert belegt werden kann.

Auf der anderen Seite haben wir auch Business Analysts, die vor allem in der Koordination der Use Cases eingesetzt werden. Ein Business Analyst versteht den Businesskontext und den Geschäftszweck von Daten und Analysen, unterstützt im Projektmanagement und kümmert sich um die Kommunikation und Implementierung in den Fachbereichen.

Data Science Blog: Unterscheiden Sie in Ihrem Bereich auch zwischen Data Scientist und Data Engineer?

Ja. In meinem Team arbeiten ungefähr 30% Data Engineers, 60% sind Data Scientists und 10% Business Analysts. Unsere Data Engineers kümmern sich um u.a. den Technologie und Tool-Stack und das Engineering.

Ich denke, viele der momentan kommerziell sehr erfolgreichen Use Cases sind sehr Engineering-lastig, haben also mit Datenhaltung, -transformation, -bewegung und Ausführbarkeit bzw. Anwendung zu tun. Dann spielt dabei Daten und Software Engineering sogar die größere Rolle als Data Science.

Und obwohl wir genau diese Jobtitel, also Data Scientist, Data Engineer und Business Analyst, haben, sind die Grenzen dazwischen fließend. Für unseren agilen Ansatz ist dabei vor allem wichtig, dass alle Mitarbeiter auf Augenhöhe in einem „self-contained“ Team zusammenarbeiten.

Interview – Wie der Einstieg in Data Science gelingt

dr-alexander-beckAlexander Beck ist promovierter Ökonom und Physiker und hat in seiner Karriere sowohl selbst als Quant wie auch als Consultant im Data Science Bereich gearbeitet. Heute leitet er ein Data Science Team beim Bezahldienstleister PAYMILL in München, einer der führenden Payment Service Provider in Europa. Die E-Payment Lösung von PAYMILL erlaubt sichere und einfache Online Zahlungen.

Data Science Blog: Herr Dr. Beck, wie waren Ihre ersten 100 Tage in der Arbeitswelt von Paymill?
Spannend. Obwohl Paymill mit sehr fähigen Entwicklern arbeitet, war die erste Zeit davon geprägt, die richtigen Grundsteine für skalierbare und hochautomatisierte Daten-Analytik zu legen. Hierbei haben wir bewusst auf Open Source Technologien gesetzt, so zum Beispiel das Datenanalyse-Framework Python Pandas. Zudem setzen wir zur automatisierten Workflow-Steuerung die Software Airflow ein, die von AirBnB als Open Source Projekt entwickelt wird. Damit haben wir ein System geschaffen, mit dem wir sehr schlank, flexibel und nutzenorientiert arbeiten können und uns nicht mit Lizenzen und ähnlichen Dingen herumschlagen müssen.

Data Science Blog: Wie nutzt Paymill Data Science und was lässt sich damit erreichen?
Die Bandbreite hier ist wirklich groß und reicht von vollautomatisiertem Reporting bis hin zum Einsatz von Natural Language Processing und Predictive Analytics. Dabei gehen wir immer vom Nutzen des End-Anwenders aus und versuchen, unsere Lösungen für den Anwender so einfach und treffend wir möglich zu gestalten – meistens ist das Endprodukt eine schlanke Website, die alle relevanten Informationen enthält und die natürlich regelmäßig aktualisiert wird. Hierbei setzen wir auf 100% automatisierbare Konzepte. Datenanalyse soll dem Unternehmen dabei helfen, proaktiv und informiert statt reaktiv und uninformiert zu sein, das gelingt uns an vielen Stellen schon recht gut.

Data Science Blog: Viele Entscheider beklagen, dass Big Data nur den Konzernen nutzt, während der deutsche Mittelstand eher außen vor bleibe. Welche Hürden haben Mittelständler hier zu überwinden?
Viele Mittelständler verfügen heute nicht über die Datengrundlage, die nötig wäre, von diesem Trend zu profitieren. Hier sollte der Mittelstand beherzt handeln und lieber einen Euro zu viel als zu wenig an den entscheidenden Stellen investieren. Fairerweise muss man wohl sagen, dass nicht jedes Geschäftsmodell für den Einsatz von Data Science geeignet ist bzw. davon profitieren wird. Hier lohnt sich in den meisten Fällen eine Analyse der drei vielversprechendsten Anwendungsfälle aus Sicht der Unternehmensführung. Dann sollte neben einer Investitionsrechnung auch eine Analyse der Datenlage und Schritte zur Verbesserung dieser vorgenommen werden. Hierfür habe ich beispielsweise das DIFA Framework entwickelt.

Data Science Blog: An welchen Stellen eines Unternehmens können am schnellsten Mehrwerte gewonnen werden?
Das hängt natürlich sehr vom Geschäftsmodell ab. Im eCommerce beispielsweise ist die Sicherung der Kundenbeziehung durch zielgerichtete und effektive Maßnahmen sicherlich einer der stärksten Hebel. Zudem ist dies ein Anwendungsfall, wo im Unternehmen auch ausreichend Daten vorliegen um mit Analytics echte Mehrwerte zu schaffen. Fraud ist ein weiteres Anwendungsgebiet das nebenbei auch sehr zukunftsfähig ist, schaut man sich die aktuellen Fraud-Zahlen beispielsweise beim Kreditkarten Betrug an. Hier hilft man übrigens gleich doppelt: Man schützt Kunden davor, Opfer von Betrug zu werden und erleichtert der hausinternen Abteilung die Arbeit im Umgang mit Fraud-Fällen.

Data Science Blog: Wie sollte ein mittelständisches Unternehmen in Big Data und Data Science einsteigen?
Ein mittelständisches Unternehmen sollte sich von einem unabhängigen Experten beraten lassen. Dieser sollte neben der Data Science Kompetenz auch Branchen- und Prozesskenntnisse besitzen. Es ist übrigens auch nicht per se für jedes Unternehmen gesetzt, dass es mit Big Data und Data Science Mehrwerte für sich generieren kann. Überall dort wo ein Prozess in hoher Frequenz abläuft, die äußeren Parameter eine gewisse Varianz vorgeben und eine monetäre Verknüpfung existiert, macht Datenanalyse aber vermutlich Sinn. Ein ganz klassisches Beispiel hierfür ist die Kreditvergabe.

Data Science Blog: Lässt sich Data Science auch outsourcen? Wenn ja, was spräche dafür oder dagegen?
Was dafür spricht: Das Skillset des Data Scientist ist schon ein Besonderes und der Markt an guten Data Scientists ist knapp. Zudem ist der Aufbau von Technologie natürlich auch immer mit Kosten für Installation und Wartung verbunden, die teilweise nicht unerheblich sind. Gegen Outsourcing sprechen aus meiner Sicht aber weit gewichtigere Gründe. Um echte Mehrwerte zu schaffen, muss ein Data Scientist einen barriereferien Zugang zu den Mitarbeitern und den Daten des Unternehmens haben. Nur so lassen sich meines Erachtens Prozesse, Daten und alle Besonderheiten im Detail verstehen und nachvollziehen. Der häufig zitierte 80/20 Berater-Ansatz funktioniert im Data Science Umfeld meistens nicht. Sie müssen sich also auf eine ganz andere Art und Weise in einem Unternehmen auskennen, als dies einem Außenstehenden in einem vernünftigen Kostenrahmen gelingen wird. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass wir bei Paymill auf unsere erfolgreichsten Anwendungsfälle durch Gespräche in der Kaffee-Ecke gestoßen sind, hierfür müssen Sie Teil des Teams sein.

Data Science Blog: Sie haben bereits viele Analytics-Projekte betreut. Wie hoch ist die Quote an erfolgreichen Projekten gegenüber den nicht erfolgreichen? Konnten Sie Gründe für das Scheitern von solchen Projekten identifizieren?
Wenn Sie Erfolg damit assoziieren, wie hoch die Quote ist, wo wir dem Kunden weiterhelfen konnten, dann sage ich: sehr hoch. Allerdings sind hier auch Fälle dabei, wo wir einem Kunden sagen konnten, wo noch Hausaufgaben beispielsweise in der Datenhaltung zu erledigen sind. So gab es einmal einen Fall, wo eine Vertriebsmannschaft mit Prognosen unterstützt werden sollte. Die Datenbasis bestand allerdings nur aus erfolgreichen Abschlüssen, die nicht-erfolgreichen Vertriebsaktivitäten waren nicht aufgezeichnet worden. Hier müssen also erst einmal Daten vervollständigt werden, bevor über Predictive Analytics gesprochen wird. Trotzdem haben wir dem Unternehmen mit dieser Erkenntnis und einer Anleitung für nächste Schritte weitergeholfen.

Data Science Blog: Sollten Data Scientists in den jeweiligen Fachbereichen oder in der IT angesiedelt sein oder sogar eine eigene Stabstelle darstellen?
Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, wenn Data Science als eigenständige Einheit funktioniert. So lassen sich Anwendungsfälle, die über einzelne Departments hinausgehen, besser umsetzen. Zudem ist es auch einfach abwechslungsreicher für die Data Scientists.

Data Science Blog: Wann ist mit einem Break-Even-Point zu rechnen, wenn ein Unternehmen die Investition plant, eine Data Science Abteilung aufzubauen? Sie sollten vor der Gründung einer Data Science Abteilung eine realistische Machbarkeitsstudie durchführen. Nicht jedes Unternehmen und Geschäftsmodell wird in gleichem Maße von einer Data Science Abteilung profitieren. Ich würde aber sagen, dass man schon mit 10 bis 12 Monaten rechnen muss. Diese Zahl hängt aber sehr stark davon ab, wie viel Aufbau- und Aufräumarbeit bei der Datanbasis geleistet werden muss. Schlussendlich sollten auch immer weiche Faktoren mit in die Rechnung genommen werden. Eventuell fühlen sich Kunden durch entsprechende Maßnahmen besser angesprochen oder strategische Entscheidungen können auf einer soliden Datengrundlage getroffen werden. Das werden Sie nicht 1:1 in einer monetären Kenngröße abgebildet sehen, der positive Effekt ist aber zweifelsfrei vorhanden.

Data Science Blog: Die Methodenvielfalt scheint groß zu sein: Predictive Analytics, Distributed Data Processing, Realtime Analytics, Machine Learning. Welche Methoden bringen den größten Mehrwert?
Ich glaube das lässt sich so allgemein nicht beantworten. Sehr gute Erfahrungen haben wir mit automatisierten Warnsystemen gemacht – diese liefern einen sehr direkten und messbaren Mehrwert und sind verhältnismäßig zügig und ohne große Kosten aufgebaut. Auch hier kommt interessante Analytics zum Einsatz. Nehmen Sie als Beispiel einen Anbieter von Webhosting der messen möchte, ob eine Webseite Opfer einer Massenanfragen-Attacke ist. Hier müssen Sie clevere Analytics verwenden, sonst klemmen Sie im schlimmsten Fall einem Ihrer Kunden zur besten Verkaufszeit die Webseite ab.

Data Science Blog: Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Data Scientist aus? Welche Skills sollte ein Data Scientist haben und wie können Neulinge diese erwerben?
Sie sollten ihr Handwerk grundlegend verstehen. Damit meine ich das Verarbeiten von Daten und die Anwendung von Standard Analytics Verfahren. Selbstverständlich sollten Sie sehr flüssig programmieren können, meiner Ansicht nach idealerweise in Python. Diese beiden Eigenschaften sind nicht hinreichend, aber die Basis Ihres Erfolgs. Daneben sollten Sie eine absolute Umsetzer-Mentalität und ein Bewusstsein für hohe Qualität haben. Wenn Sie dazu noch Spaß daran haben, Ihre Arbeit anderen zu erklären und eigenständig werthaltige Anwendungsszenarieren aufzuspüren, sind Sie – denke ich – sehr gut aufgestellt. Neulinge sollten sich nicht vom Hype um Data Science verrückt machen lassen, sondern sich bewusst sein, dass auch hier der erste Schritt darin besteht, ein solides Handwerk zu erlernen mit dem Sie später viel anfangen können.

Data Science vs Data Engineering

Das Berufsbild des Data Scientsts ist gerade erst in Deutschland angekommen, da kommen schon wieder neue Jobbezeichnungen auf uns zu. “Ist das wirklich notwendig?”, wird sich so mancher fragen. Aber die Antwort lautet ganz klar: ja!

Welcher Data Scientist kennt das nicht: ein Recruiter ruft an, spricht von einer tollen neuen Herausforderung für einen Data Scientist wie man es sich ja offensichtlich auf seinem LinkedIn-Profil für sich beansprucht, doch bei der Besprechung der Vakanz stellt sich schnell heraus, dass man über fast keine der geforderten Skills verfügt. Dieser Mismatch liegt vor allem daran, dass unter den Job des Data Scientist alle möglichen Tätigkeitsprofile, Methoden- und Tool-Wissen zusammengefasst werden, die ein einzelner Mensch kaum in seinem Leben lernen kann.

Viele offene Jobs, die unter der Bezeichnung Data Science besetzt werden sollen, beschreiben eher das Berufsbild des Data Engineers.


english-flagRead this article in English:
“Data Scientist vs Data Engineer – What is the Difference?”


Was macht ein Data Engineer?

Im Data Engineering geht es vor allem darum, Daten zu sammeln bzw. zu generieren, zu speichern, historisieren, aufzubereiten, anzureichern und nachfolgenden Instanzen zur Verfügung zu stellen. Ein Data Engineer, je nach Rang oft auch als Big Data Engineer oder Big Data Architect bezeichnet, modelliert skalierbare Datenbank- und Datenfluss-Architekturen, entwickelt und verbessert die IT-Infrastruktur hardware- und softwareseitig, befasst sich dabei auch mit Themen wie IT-Security, Datensicherheit und Datenschutz. Ein Data Engineer ist je nach Bedarf teilweise Administrator der IT-Systeme und auch ein Software Entwickler, denn er erweitert die Software-Landschaft bei Bedarf um eigene Komponenten. Neben den Aufgaben im Bereich ETL / Data Warehousing, führt er auch Analysen durch, zum Beispiel solche, um die Datenqualität oder Nutzerzugriffe zu untersuchen.

Ein Data Engineer arbeitet vor allem mit Datenbanken und Data Warehousing Tools.

Ein Data Engineer ist tendenziell ein ausgebildeter Ingenieur/Informatiker und eher weit vom eigentlichen Kerngeschäft des Unternehmens entfernt. Die Karrierestufen des Data Engineers sind in der Regel:

  1. (Big) Data Architect
  2. BI Architect
  3. Senior Data Engineer
  4. Data Engineer

Was macht ein Data Scientist?

Auch wenn es viele Überschneidungspunkte mit dem Tätigkeitsfeld des Data Engineers geben mag, so lässt sich der Data Scientist dadurch abgrenzen, dass er seine Arbeitszeit möglichst dazu nutzt, die zur Verfügung stehenden Daten explorativ und gezielt zu analysieren, die Analyseergebnisse zu visualisieren und in einen roten Faden einzuspannen (Storytelling). Anders als der Data Engineer, bekommt ein Data Scientist ein Rechenzentrum nur selten zu Gesicht, denn er zapft Daten über Schnittstellen an, die ihm der Data Engineer bereitstellt.

Ein Data Scientist befasst sich mit mathematischen Modellen, arbeitet vornehmlich mit statistischen Verfahren und wendet sie auf die Daten an, um Wissen zu generieren. Gängige Methoden des Data Mining, Machine Learning und Predictive Modelling sollten einem Data Scientist bekannt sein, wobei natürlich jeder ganz individuell Schwerpunkte setzt. Data Scientists arbeiten grundsätzlich nahe am Fachbereich und benötigen entsprechendes Fachbereichswissen. Data Scientists arbeiten mit proprietären Tools (z. B. von IBM, SAS oder QlikTech) und programmieren Analysen auch selbst, beispielsweise in Scala, Java, Python, Julia oder R.

Data Scientists können vielfältige akademische Hintergründe haben, einige sind Informatiker oder Ingenieure für Elektrotechnik, andere sind Physiker oder Mathematiker, nicht wenige auch Wirtschaftswissenschaftler.

  1. Chief Data Scientist
  2. Senior Data Scientist
  3. Data Scientist
  4. Data Analyst oder Junior Data Scientist

Data Scientist vs Data Analyst

Oft werde ich gefragt, wo eigentlich der Unterschied zwischen einem Data Scientist und einem Data Analyst läge bzw. ob es dafür überhaupt ein Unterscheidungskriterium gäbe:

Meiner Erfahrung nach, steht die Bezeichnung Data Scientist für die neuen Herausforderungen für den klassischen Begriff des Data Analysten. Ein Data Analyst betreibt Datenanalysen wie ein Data Scientist, komplexere Themen, wie Predictive Analytics und Machine Learning bzw. künstliche Intelligenz, sind aber eher was für den Data Scientist. Ein Data Scientist ist sozusagen ein Data Analyst++.

Und ein Business Analyst?

Business Analysten können (müssen aber nicht) auch Data Analysten sein. In jedem Fall haben sie einen sehr starkem Bezug zum Fachbereich bzw. zum Kerngeschäft des Unternehmens. Im Business Analytics geht es um die Analyse von Geschäftsmodellen und Geschäftserfolgen. Gerade die Analyse von Geschäftserfolgen geschieht in der Regel IT-gestützt und da setzen viele Business Analysten an. Dashboards, KPIs und SQL sind das Handwerkszeug eines guten Business Analysten.

 

Interview – Big Data in der Industrie

Thomas Schott, CIO der Rehau GruppeThomas Schott ist seit den 01. Oktober 2011 als CIO für die REHAU Gruppe tätig. Kompetenz und Innovationsfreude haben REHAU zum führenden System- und Service-Anbieter polymerbasierter Lösungen in den Bereichen Bau, Automotive und Industrie gemacht. Höchste Professionalität von der Materialentwicklung bis zur Ausführung sowie die Leidenschaft für das faszinierende unbegrenzte Nutzenpotenzial polymerer Werkstoffe sind für REHAU Grundvoraussetzung, um als führende Premiummarke weltweit erfolgreich zu sein.
In 2008 wurde Herr Schott mit dem erstmals verliehenen „Green CIO Award“ ausgezeichnet. 2010 wurde er außerdem bei der Wahl zum „CIO des Jahres“ in der Kategorie „Global Exchange Award“ mit dem 3. Platz ausgezeichnet und landete in 2012 in der Kategorie Großunternehmen wieder unter den Top 6.

Data Science Blog: Herr Schott, welcher Weg hat Sie an die Spitze der IT bei REHAU geführt?

Ich hatte ursprünglich Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Datenverarbeitung an der TU München studiert und startete meine Karriere bei REHAU bereits im Jahr 1990. Schnell war ich in leitender Funktion für verschiedene IT-Bereiche zuständig und habe die Standardisierung, Konsolidierung und durchgängige Virtualisierung der IT-Systemlandschaft maßgeblich vorangetrieben. Die IT- und Collaboration-Systeme für weltweit mehr als 170 Niederlassungen der REHAU Gruppe laufen nun in einer konsolidierten Private Cloud, ein sehr wichtiges Ziel für das Unternehmen um schnell und flexibel agieren zu können.

Data Science Blog: Big Data und Industrie 4.0 gelten derzeit als zwei der größten Technologie-Trends, dabei scheint jede Branche diesen Begriff für sich selbst zu interpretieren. Was bedeutet Big Data für Sie? Wie sieht Big Data aus der Perspektive der verarbeiten Industrie aus?

An einer allumfassenden Definition mangelt es noch, unsere Bestrebungen zur Industrie 4.0 liegen unter anderem in den Themengebieten Predictive Maintenance, Qualitätsdatenmanagement, mobile Apps bis hin zur Lieferkette (Kunden und Lieferanten). Big Data ist dabei ein wichtiger Treiber für Industrie 4.0 und auch ein eigenes Thema, welches auch außerhalb der Produktion eine Rolle spielt.
Für die produzierende Industrie erlangt Big Data eine immer größere Bedeutung, denn es fallen immer mehr Produktionsdaten und Daten aus der Qualitätssicherung an. Wir sammeln unternehmensintern bereits Daten in solcher Vielfalt und Masse, Big Data ist bereits Realität, und das obwohl wir externe Daten noch gar nicht thematisiert haben.

Data Science Blog: Der Trend ist also seinem Ende noch nicht nahe?

Nein, denn abgesehen von Unternehmen, deren Kerngeschäft Industrie 4.0 Lösungen selbst sind, steht die traditionelle Industrie und unsere gesamte Branche in Sachen Produktionsdatenanalyse und Big Data Analytics eher noch am Anfang.

Data Science Blog: Sie haben die unternehmensweite Cloud bei REHAU bereits erfolgreich umgesetzt, führt an der Digitalisierung kein Weg um Cloud Computing herum?

Wir haben seit zehn Jahren den Ansatz einer Private Cloud konsequent verfolgt. Ein Unternehmen unserer Größe kommt um eine ausgeklügelte und konsolidierte Could-Sourcing Strategie nicht herum. Dazu gehören jedoch auch festgelegte Standards für die Nutzung.

Data Science Blog: Gerade beim Thema Cloud zucken jedoch viele Entscheider zusammen und verweisen auf Risiken für die Datensicherheit. Wie gehen Sie mit dem Thema um – Und bremsen diese Maßnahmen das Engagement, Daten zusammen zu führen und auszuwerten?

Datensicherheit wird ein immer wichtigeres Thema und wir sensibilisieren unsere internen Kunden und IT-Anwender dafür. Im Zuge der rasanten Entwicklung im Umfeld Industrie 4.0 und Industrialisierung benötigen wir zeitnah valide und zielführende Nutunzgsstandards für Cloud und Big Data Lösungen.

Data Science Blog: Wenn Sie von Analyse sprechen, denken Sie vor allem an die rückblickende Analyse oder eine solche in nahezu Echtzeit?

An beides gleichermaßen, denn je nach Problemstellung oder Optimierungsbestrebungen ist das richtige Analyseverfahren anzuwenden.

Data Science Blog: Kommen die Bestrebungen hin zur Digitalisierung und Nutzung von Big Data gerade eher von oben aus dem Vorstand oder aus der Unternehmensmitte, also aus den Fachbereichen, heraus?

In der traditionellen Industrie kommen die Bemühungen überwiegend vom Vorstand und mir als CIO. Es ist unsere Aufgabe, existierende und kommende Trends rechtzeitig zu erkennen. Big Data und Industrie 4.0 werden immer wichtiger. Es ist wettbewerbsentscheidend, hier am Ball zu bleiben. Und das nicht nur für die eigene Kosten- und Prozessoptimierung, sondern auch, um sich am Markt zu differenzieren. Wir müssen diese Technologien und Methoden in unseren Fachbereichen etablieren und die dafür notwendige Veränderungsbereitschaft anregen.

Data Science Blog: Finden die Analysen in den Fachbereichen oder in einer zentralen Stelle statt?

Das hängt sehr von den einzelnen Analysen und dem damit verbundenen Aufwand ab. Die Einrichtung eines zentralen Datenlabors mit der entsprechenden Kompetenz und ausgebildeten Daten Scientists ist allerdings ein guter Weg, um komplexe Analysen, für die die Fachbereiche keine Kapazitäten / Skills haben, experimentell umsetzen zu können.

Data Science Blog: Für die Data Scientists, die Sie für Ihre zukünftigen Umsetzungen von Big Data Analysen suchen, welche Kenntnisse setzen Sie voraus? Und suchen Sie eher den introvertierten Nerd oder den kommunikationsstarken Beratertyp?

Ein Data Scientist sollte meines Erachtens sehr gute Kenntnisse über moderne Datenbanken sowie Erfahrung in der Auswertung von unstrukturierte Daten haben, aber auch viel Kreativität für die Darstellung von Sachverhalten mitbringen und auch mal „querdenken können“.
Wir suchen eher Experten aus der Informatik und Mathematik, aber auch kommunikative, kreative Spezies und neugierige Menschen, die jedoch auch eine ausgeprägte analytische Denkweise aufweisen sollten.

Text Mining mit R

R ist nicht nur ein mächtiges Werkzeug zur Analyse strukturierter Daten, sondern eignet sich durchaus auch für erste Analysen von Daten, die lediglich in textueller und somit unstrukturierter Form vorliegen. Im Folgenden zeige ich, welche typischen Vorverarbeitungs- und Analyseschritte auf Textdaten leicht durchzuführen sind. Um uns das Leben etwas leichter zu machen, verwenden wir dafür die eine oder andere zusätzliche R-Library.

Die gezeigten Schritte zeigen natürlich nur einen kleinen Ausschnitt dessen, was man mit Textdaten machen kann. Der Link zum kompletten R-Code (.RMD) findet sich am Ende des Artikels.

Sentimentanalyse

Wir verwenden das Anwendungsgebiet der Sentimentanalyse für diese Demonstration. Mittels der Sentimentanalyse versucht man, Stimmungen zu analysieren. Im Prinzip geht es darum, zu erkennen, ob ein Autor mit einer Aussage eine positive oder negative Stimmung oder Meinung ausdrückt. Je nach Anwendung werden auch neutrale Aussagen betrachtet.

Daten einlesen

Datenquelle: ‘From Group to Individual Labels using Deep Features’, Kotzias et. al,. KDD 2015

Die Daten liegen als cvs vor: Die erste Spalte enhält jeweils einen englischen Satz, gefolgt von einem Tab, gefolgt von einer 0 für negatives Sentiment und einer 1 für positives Sentiment. Nicht alle Sätze in den vorgegebenen Daten sind vorklassifiziert.

Wir lesen 3 Dateien ein, fügen eine Spalte mit der Angabe der Quelle hinzu und teilen die Daten dann in zwei Datensätze auf. Der Datensatz labelled enthält alle vorklassifizierten Sätze während alle anderen Sätze in unlabelled gespeichert werden.

Wir haben nun 3000 vorklassifizierte Sätze, die entweder ein positives oder ein negatives Sentiment ausdrücken:

Textkorpus anlegen

Zuerst konvertieren wir den Datensatz in einen Korpus der R-Package tm:

Wir können uns nun einen Eindruck über die Texte verschaffen, bevor wir erste Vorverarbeitungs- und Säuberungsschritte durchführen:

  • Fünf Dokumente mit negativem Sentiment, die das Wort “good” enthalten: Not a good bargain., Not a good item.. It worked for a while then started having problems in my auto reverse tape player., Not good when wearing a hat or sunglasses., If you are looking for a good quality Motorola Headset keep looking, this isn’t it., However, BT headsets are currently not good for real time games like first-person shooters since the audio delay messes me up.
  • Liste der meist verwendeten Worte im Text: all, and, are, but, film, for, from, good, great, had, have, it’s, just, like, movie, not, one, phone, that, the, this, very, was, were, with, you
  • Anzahl der Worte, die nur einmal verwendet werden: 4820, wie z.B.: ‘film’, ‘ive, ’must’, ‘so, ’stagey’, ’titta
  • Histogramm mit Wortfrequenzen:

Plotten wir, wie oft die häufigsten Worte verwendet werden:

Vorverarbeitung

Es ist leicht zu erkennen, dass sogenannte Stoppworte wie z.B. “the”, “that” und “you” die Statistiken dominieren. Der Informationsgehalt solcher Stopp- oder Füllworte ist oft gering und daher werden sie oft vom Korpus entfernt. Allerdings sollte man dabei Vorsicht walten lassen: not ist zwar ein Stoppwort, könnte aber z.B. bei der Sentimentanalyse durchaus von Bedeutung sein.

Ein paar rudimentäre Vorverarbeitungen:

Wir konvertieren den gesamten Text zu Kleinbuchstaben und entfernen die Stoppworte unter Verwendung der mitgelieferten R-Stoppwortliste für Englisch (stopwords(“english”)). Eine weitere Standardoperation ist Stemming, das wir heute auslassen. Zusätzlich entfernen wir alle Sonderzeichen und Zahlen und behalten nur die Buchstaben a bis z:

 

Schlagwortwolke bzw Tag Cloud

Schließlich erzeugen wir eine Tag-Cloud aller Worte, die mindestens 25 mal im Text verwendet werden. Tag-Clouds eignen sich hervorragend zur visuellen Inspektion von Texten, allerdings lassen sich daraus nur bedingt direkte Handlungsanweisungen ableiten:

schlagwortwolke

Word-Assoziationen

Wir können uns für bestimmte Worte anzeigen lassen, wie oft sie gemeinsam mit anderen Worten im gleichen Text verwendet werden:

  • Worte, die häufig gemeinsam mit movie verwendet werden:

  • Worte, die häufig gemeinsam mit product verwendet werden:


 

Text-Mining

Wir erzeugen einen Entscheidungsbaum zur Vorhersage des Sentiments. Entscheidungsbäume sind nicht unbedingt das Werkzeug der Wahl für Text-Mining aber für einen ersten Eindruck lassen sie sich bei kleinen Datensätzen durchaus gewinnbringend einsetzen:

 

Eine Fehlerrate von über 50% auf den Trainingsdaten für positive Sentiments ist natürlich nicht berauschend und daher testen wir zum Schluß noch Support Vector Machines:

Die Ergebnisse sehen deutlich besser aus, müssten aber natürlich noch auf unabhängigen Daten verifiziert werden, um z. B. ein Overfittung zu vermeiden.

Download-Link zum kompletten R-Code für dieses Text-Mining-Beispiel: https://www.data-science-blog.com/download/textMiningTeaser.rmd

A quick primer on TensorFlow – Google’s machine learning workhorse

Introducing Google Brains‘ TensorFlow™

This week started with major news for the machine learning and data science community: the Google Brain Team announced the open sourcing of TensorFlow, their numerical library for tensor network computations. This software is actively developed (and used!) within Google and builds on many of Google’s large scale neural network applications such as automatic image labeling and captioning as well as the speech recognition in Google’s apps.

TensorFlow in bullet points

Here are the main features:

  • Supports deep neural networks – and much more machine learning approaches
  • Highly scalable across many machines and huge data sets
  • Runs on desktops, servers, in cloud and even mobile devices
  • Computation can run on CPUs, GPUs or both
  • All this flexibility is covered by a single API making the execution very streamlined
  • Available interfaces: C++ and Python. More will follow (Java, R, Lua, Go…)
  • Comes with many tools helping to build and visualize the data flow networks
  • Includes a powerful gradient based optimizer with auto-differentiation
  • Extensible with C++
  • Usable for commercial applications – released under Apache Software Licence 2.0

Tensor, what? Tensor, why?

„Numerical library for tensor network computations“ maybe doesn’t sound too exciting, but let’s  consider the implications.

Application of tensors and their networks is a relatively new (but fast evolving) approach in machine learning. Tensors, if you recall your algebra classes, are simply n-dimensional data arrays (so a scalar is a 0th order tensor, a vector is 1st order, and a matrix a 2nd order matrix).

A simple practical example of is color image’s RGB layers (essentially three 2D matrices combined into a 3rd order tensor). Or a more business minded example – if your data source generates a table (a 2D array) every hour, you can look at the full data set as a 3rd order tensor – time being the extra dimension.

Tensor networks then represent “data flow graphs”, where the edges are your multi-dimensional data sets and nodes are the mathematical operations on this data.

Example of of a data flow graph with multiple nodes (data operations). Notice how the execution of nodes is asynchronous. This allows incredible scalability across many machines. Image Source.

Looking at your data through the tensor formalism gives you a lot of powerful tools that were already developed for tensor algebra, allowing fast, complex computations.  

Tensor networks are also a natural fit for computations done on graphical processing units (GPUs) as they are built exactly for the purpose of very fast numerical operations on such a data – speeding up your calculations significantly compared to standard CPU execution!

The importance of flexible architecture & scaling

The data flow graph approach has also further advantages. Most notably, you can split the design of your data flows (i.e. data cleaning, processing, transformations, model building etc.) from its execution. You first build up the graph of your data flow and then you send it to for execution: either on the CPUs of your machines (and it can be your laptop just as well as cluster) or GPUs or a combination. This happens through a single interface that hides all the complexities from you.

Since the execution is asynchronous it scales across many machines and can deal with huge amounts of data.

You can count on the Google guys to build tools not only for academic use, but also heavy-duty operations in the industry!

Is this just another deep learning library?

TensorFlow is of course not the first library to embrace the tensor formalism and GPU execution. The nearest comparisons (and competitors) are Theano, Torch and CGT (Caffe to a limited degree).

While there are significant overlaps between the libraries, TensorFlow tries to provide a broader framework. It is not only a deep learning library – the Data Flow Graphs can incorporate any data processing/analysis applications. It also comes with a very powerful gradient based optimizer with automatic calculations of derivatives offering huge flexibility.

Given this broad vision the closest competitor is probably Theano (while Caffe and the existing Theano wrappers have a narrower focus on deep learning). TensorFlow’s distinguishing feature is that by design its focus is on large, scalable architectures with a complete flexibility in the hardware, best suited for industry/operational use, whereas the other libraries have more academic pedigrees.

Initial analyses also indicate that TensorFlow should bring also performance improvements compared to Theano, although no comprehensive benchmarks have yet been published.

As the other packages are out already for a while, they have large, active communities and often additional supporting software (examples are the very useful wrappers around Theano like Lasagne, Keras and Blocks that provider higher level abstractions to its engine).

Of course, with Google’s gravitas, one can expect that TensorFlow’s open source community will grow very fast and the contributors will quickly add a lot of additional features (and find hidden bugs).

Finally, keep in mind, that while Google provided us with this great data processing framework and some of its machine learning capabilities, it is likely that the most powerful machine learning algorithms still remain Google’s proprietary secret.

Nonetheless, TensorFlow is a huge and very welcome contribution to the open source machine learning world!

Where to go next?

You can find Google’s getting started guide here. The TensorFlow white paper is worth a read too. Source code can be found at the Github page. There is also a Vagrant virtual machine with TensorFlow pre-installed available here.

Wie lernen Maschinen?

Im zweiten Teil wollen wir das mit Abstand am häufigsten verwendete Optimierungsverfahren – das Gradientenverfahren oder Verfahren des steilsten Abstiegs – anhand einiger Beispiele näher kennen lernen. Insbesondere werden wir sehen, dass die Suchrichtung, die bei der Benennung der Verfahren meist ausschlaggebend ist, gar nicht unbedingt die wichtigste Zutat ist.

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Wie lernen Maschinen?

Machine Learning ist eines der am häufigsten verwendeten Buzzwords im Data-Science- und Big-Data-Bereich. Aber lernen Maschinen eigentlich und wenn ja, wie? In den meisten Fällen lautet die Antwort: Maschinen lernen nicht, sie optimieren. Fällt der Begriff Machine Learning oder Maschinelles Lernen, so denken viele sicherlich zuerst an bekannte “Lern”-Algorithmen wie Lineare Regression, Logistische Regression, Neuronale Netze oder Support Vector Machines. Die meisten dieser Algorithmen – wir beschränken uns hier vorerst auf den Bereich des Supervised Learning – sind aber nur Anwendungen einer anderen, grundlegenderen Theorie – der mathematischen Optimierung. Alle hier angesprochenen Algorithmen stellen dem Anwender eine bestimmte Ziel- oder Kostenfunktion zur Verfügung, aus der sich i.a. der Name der Methode ableitet und für die im Rahmen des Lernens ein Minimum oder Optimum gefunden werden soll. Ein großer Teil des Geheimnisses und die eigentliche Stärke der Machine-Learning-Algorithmen liegt nun darin, dass dieser Minimierungsprozess effizient durchgeführt werden kann. Wir wollen im Folgenden kurz erklären, wie dies in etwa funktioniert. In einem späteren Blogpost gehen wir dann genauer auf das Thema der Effizienz eingehen. Read more

Die üblichen Verdächtigen – 8 häufige Fehler in der Datenanalyse

Das eine vorab: eine Liste der meist begangenen Fehler in der Datenanalyse wird in jedem Fall immer eine subjektive Einschätzung des gefragten Experten bleiben und unterscheidet sich je nach Branche, Analyse-Schwerpunkt und Berufserfahrung des Analysten. Trotzdem finden sich einige Missverständnisse über viele Anwendungsbereiche der Datenanalyse hinweg immer wieder. Die folgende Liste gibt einen Überblick über die acht am häufigsten begangenen Fehler in der angewandten Datenanalyse von denen ich behaupte, dass sie universell sind.

  1. Statistische Signifikanz versus Relevanz

Die Idee der statistischen Signifikanz wird oft missverstanden und deswegen fälschlicherweise mit statistisch belegter Relevanz gleichgesetzt. Beide messen jedoch sehr unterschiedliche Dinge. Statistische Signifikanz ist ein Maß der Gewissheit, welches die Zufälligkeit von Variation berücksichtigt. „Statistisch signifikant“ bedeutet also, dass es unwahrscheinlich ist, dass ein bestimmtes Phänomen nur zufällig auftritt. „Statistisch nicht signifikant“ bedeutet, dass neben der zufälligen Variation keine systematische bewiesen werden konnte. Wichtig: dies bedeutet nicht, dass es keine Effekte gibt, sondern, dass diese nicht belegt werden konnten. Statistische Signifikanz lässt sich mit ausreichend vielen Beobachtungen allerdings auch für sehr kleine Unterschiede belegen. Generell gilt: je größer die Stichprobe, desto kleiner werden die Unterschiede, welche als statistisch signifikant getestet werden. Deswegen unterscheidet sich die statistische Relevanz von der statistischen Signifikanz.

Statistische Relevanz misst hingegen die Effektstärke eines Unterschiedes. Die Größe eines Unterschiedes wird dazu in Relation zur Streuung der Daten gesetzt und ist damit unabhängig von der Stichprobengröße. Je größer die Varianz der Zufallsvariablen, desto kleiner wird die Effektstärke.

  1. Korrelation versus Kausalität

Wird eine hohe Korrelation zwischen zwei Größen festgestellt, so wird oft geschlussfolgert, dass eine der beiden Größen die andere bestimmt. In Wahrheit können auch komplexe statistische und ökonometrische Modelle keine Kausalität beweisen. Dies gilt sogar, wenn die Modellierung einer theoretischen Grundlage folgt, denn auch die kann falsch sein. Regelmäßig lehnen sich Forscher und Analysten aus dem Fenster, indem sie Wirkungen behaupten, welche eine genaue Prüfung nicht aushalten. Standardfragen, die als Automatismus einer jeden Analyse folgen sollte, welche behauptet Effekte gefunden zu haben sind: Welche Rolle spielen unbeobachtete Heterogenitäten, umgekehrte Kausalität und Messfehler in den Variablen für das Schätzergebnis? Erst wenn diese drei Quellen von Endogenität kontrolliert werden und außerdem davon ausgegangen werden kann, dass die Stichprobe die Grundgesamtheit repräsentiert, kann ein kausaler Zusammenhang angenommen und quantifiziert werden.

  1. Unbeobachtete Einflussfaktoren

Nicht messbare und deswegen nicht erhobene Einflüsse verzerren die geschätzten Parameter der kontrollierbaren Faktoren, sofern letztere mit den unbeobachteten im Zusammenhang stehen. In anderen Worten: der geschätzte Effekt wird fälschlicherweise der beobachteten Größe zugeschrieben, wenn eigentlich eine dritte, nicht beobachtete Größe die Zielgröße bedingt und gleichzeitig mit der beobachteten Größe korreliert. Das Lehrbeispiel
für Verzerrungen durch unbeobachtete Größen ist die Lohngleichung – eine Gleichung die seit nunmehr 60 Jahren intensiv beforscht wird. Die Schwierigkeit bei der Quantifizierung des Effektes von Ausbildung liegt darin, dass die Entlohnung nicht nur über Alter, Berufserfahrung, Ausbildung und den anderen Kontrollvariablen variiert, sondern auch durch das unterschiedlich ausgeprägte Interesse an einem lukrativen Erwerb und die Fähigkeit des Einzelnen, diesen zu erlangen. Die Herausforderung: es gibt keinen statistischen Test, welche eine Fehlspezifikation durch unbeobachtete Größen angibt. Unabdingbar ist deswegen ein tiefgehendes Verständnis des Analyseproblems. Dieses befähigt den Analysten Hypothesen zu formulieren, welche unbeobachteten Größen über eine Korrelation mit dem getesteten Regressor im Fehlerterm ihr Unwesen treiben. Um Evidenz für die Hypothesen zu schaffen, müssen smarte Schätzdesigns oder ausreichend gute Instrumente identifiziert werden.statistische-verzerrung

  1. Selektionsverzerrung

Eine Selektionsverzerrung liegt vor, wenn Beobachtungen nicht für jedes Individuum vorliegen oder von der Analyse ausgeschlossen werden. Die Grundvoraussetzung für jeden statistischen Hypothesentest ist die Annahme einer Zufallsstichprobe, so dass die Zielpopulation repräsentativ abgebildet ist. In der Praxis ergeben sich allerdings oft Situationen, in denen bestimmte Merkmale nur für eine Gruppe, aber nicht für eine zweite beobachtet werden können. Beispielsweise kann der Effekt einer gesundheitsfördernden Maßnahme eines Großbetriebes für die gesamte Belegschaft nicht durch die freiwillige Teilnahme einiger Mitarbeiter gemessen werden. Es muss explizit dafür kontrolliert werden, welche Unterschiede zwischen Mitarbeitern bestehen, welche das Angebot freiwillig in Anspruch nehmen im Vergleich zu denen, die es nicht annehmen. Eine Gefahr der Über- oder Unterschätzung der Effekte besteht generell immer dann, wenn über die Beschaffenheit der Stichprobe im Vergleich zur Grundgesamtheit nicht nachgedacht wird. Auf Basis einer nicht repräsentativen Stichprobe werden dann fälschlicherweise Generalisierungen formuliert werden, welche zu falschen Handlungsempfehlungen führen können.

  1. Überanpassung und hohe Schätzervarianz

Überanpassung passiert, wenn der Analyst „zu viel“ von den Daten will. Wird das Model überstrapaziert, so erklären die Kontrollvariablen nicht nur die Zielgröße sondern auch das weiße Rauschen, also die Zufallsfehler. Die Anzahl der Regressoren im Verhältnis zur Anzahl der Beobachtungen ist in solch einer Spezifikation übertrieben. Das Problem: zu wenig Freiheitsgrade und das vermehrte Auftreten von Multikollinearität führen zu einer hohen Varianz in der Verteilung der Schätzer. Ein Schätzergebnis einer Spezifikation mit einer hohen Schätzervarianz kann also Schätzergebnisse produzieren, welche vom wahren Wert weiter entfernt sind als ein verzerrter Schätzer. Tatsächlich ist ein „falsches“ meistens ein Hinweis auf Multikollinearität.verlorene-effizienz-statistisches-modell

Oft macht es Sinn, die Spezifikation anzupassen, indem man die korrelierten Regressoren ins Verhältnis zueinander zu setzt. In der Praxis geht es immer darum, einen Kompromiss aus Verzerrung und Varianz zu finden. Das Kriterium hierfür ist die Minimierung des mittleren quadratischen Fehlers. Um zu überprüfen, ob der Analyst über das Ziel hinausgeschossen ist, gibt es zudem verschiedene Validierungsmethoden, welche je nach Methode einen bestimmten Anteil oder sogar keine Daten „verschwenden“, um das Modell zu überprüfen.kompromiss-quadratischer-fehler-statistisches-modell

  1. Fehlende Datenpunkte

Beobachtungen mit fehlenden Datenpunkten werden in der Praxis aus der Analyse in den meisten Fällen ausgeschlossen, einfach deswegen, weil das am schnellsten geht. Bevor das gemacht wird, sollte allerdings immer die Frage vorangestellt werden, wieso diese Datenpunkte fehlen. Fehlen sie zufällig, so führt der Ausschluss der Beobachtungen zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen. Fehlen sie allerdings systematisch, beispielsweise wenn Personen mit bestimmten Merkmalen spezifische Daten lieber zurückhalten, so ergeben sich daraus Herausforderungen. Es sollte dann darum gehen, diese gesamte Verteilung zu ermitteln. Ist unklar, ob die Daten zufällig oder systematisch fehlen, so sollte sich der Analyst im Zweifel dieser Frage annehmen. Es müssen dann Informationen identifiziert werden, welche helfen die fehlenden Daten zu imputieren.

  1. Ausreißer

Ausreißer werden in vielen Anwendungen mit standardisierten Verfahren identifiziert und aus dem Datensatz entfernt. Dabei lohnt es sich in vielen Fällen, die Daten ernst zu nehmen. Die Voraussetzung hierfür: die Datenpunkte müssen legitim sein. Problemlos ausschließen lassen sich Datenpunkte, welche durch Eingabefehler und bewusste Falschmeldung erzeugt wurden. Legitime Datenpunkte sind hingegen “echte” Werte. Die Einbeziehung von Ausreißern kann mitunter einen inhaltlichen Beitrag zur Analyse leisten, da auch sie einen Teil der Population im Ganzen sind. Problematisch wird die Beibehaltung von Ausreißern, wenn durch sie Zusammenhänge identifizierbar werden, die auf den Rest der Population nicht zutreffen. Mögliche Verfahren, welche Ausreißer mit dem Rest der Beobachtungen versöhnen, sind Transformationen der Daten oder die Anwendung robuster Schätzverfahren. Beide Ansätze spielen mit einer stärkeren Gewichtung der mittleren Verteilung. Außerdem kann beispielsweise in Regressionen überprüft werden, inwieweit etwa ein nicht-linearer Fit die Ausreißer besser in die Schätzung aufnimmt.

  1. Spezifizierung versus Modellierung

Allzu oft werden komplizierte statistische Modelle gebaut, bevor überprüft wurde, was ein einfaches Modell leisten kann. Bevor jedoch komplexe Modelle gestrickt werden, sollte zuerst an der Spezifikation des Modells gearbeitet werden. Kleine Anpassungen wie die Inklusion verbesserter Variablen, die Berücksichtigung von Interaktionen und nicht-linearen Effekten bringen uns in manchen Fällen der Wahrheit näher als ein aufwendiges Modell und sollten in jedem Fall ausgereizt werden, bevor ein aufwendigeres Modell gewählt wird. Je einfacher das Modell, desto einfacher ist es in der Regel auch die Kontrolle darüber zu behalten. In jedem Fall sollten die gewählten Spezifikationen immer durch Sensitivitätsanalysen unterstützt werden. Unterschiede in der Variablendefinition und der Selektion der Daten, sollten sowohl getestet als auch berichtet werden. Einen guten Grund, das Modell zu wechseln hat der Analyst dann, wenn daraus ersichtlich wird, dass Annahmen des einfachen Modells verletzt werden und dieses deswegen keine validen Ergebnisse produziert.

Interview – Bedeutung von Data Science für Deutschland

Klaas Wilhelm Bollhoefer ist Chief Data Scientist bei The unbelievable Machine Company (*um), einem Full-Service Dienstleister für Cloud Computing und Big Data aus Berlin. Er übersetzt Business-Anforderungen in kundenspezifische Big Data Lösungen und agiert an der Schnittstelle von Business, IT, Künstlicher Intelligenz und Design. Er ist Community Manager diverser Fachgruppen sowie Mitglied in Beiräten und Jurys zahlreicheklaas-bollhoefer-web-fotor internationaler Big Data Veranstaltungen. Vor seiner Tätigkeit als Chief Data Scientist hatte Herr Bollhöfer bei Pixelpark den Bereich “Beratung und Konzeption” aus der Taufe gehoben und über mehrere Jahre verantwortet, sowie selbständig als strategischer Berater gearbeitet. Er hat Medientechnik, Visual Communication und Philosophie in Köln und Melbourne studiert, hielt Lehraufträge zu Project Governance & Social Data an der TU Berlin, HTW Berlin, der Uni Siegen und der FH Köln inne und schreibt ab und an für diverse Fachpublikationen.

Data Science Blog: Herr Bollhoefer, welcher Weg hat Sie ins Data Science von The unbelievable Machine (*um) geführt?

Bollhoefer: Das war alles andere als eine gradlinige Geschichte. Ich kannte Ravin Mehta, Gründer und Geschäftsführer von *um noch von der Pixelpark AG, bei der ich von 2000 bis 2009 in verschiedenen Positionen tätig war. Das nächste was Ravin vorhatte, nachdem er in den Cloud-Markt mit *um sehr erfolgreich eingestiegen war, war Big Data. Als ich ihn fragte, was Big Data denn genau sei, meinte er, dass wüsste (damals) noch niemand so genau!

Das war vor etwa vier Jahren und es war die Chance für mich, in dieses neue Thema einzusteigen und zudem eine tolle Gelegenheit – denn eigentlich bin ich ja Ingenieur – für mich, Mathematik wieder aufzufrischen. Ich war der erste Mitarbeiter für Data Science bei *um, habe das Dienstleistungsportfolio maßgeblich mitaufgebaut und konnte mich daher als Chief Data Scientist positionieren. Ich bin allerdings kein Spezialist, sondern Generalist über alles, was man dem Data Science so zuschreiben kann.

Data Science Blog: Welche Branchen profitieren durch Big Data und Data Science gegenwärtig und in naher Zukunft am meisten?

Bollhoefer: Branchen, die schon seit längerer Zeit direkt von Big Data und Data Science profitieren, sind die sogenannten Digital Pure Player, also vorwiegend junge Unternehmen, deren Geschäftsmodelle rein auf digitaler Kommunikation aufbauen sowie eCommerce-Unternehmen. Unter den Fachbereichen profitieren vor allem das Marketing und unter den Geschäftsmodellen ganz besonders das Advertising von Big Data Analytics. Der Begriff Customer Analytics ist längst etabliert.

Zu den Newcomern gehören die Branchen, auf die Deutschland besonders stolz ist: Sowohl die OEMs, als auch die größeren Zulieferer der Automobilbranche setzen mittlerweile vermehrt auf Big Data Analytics, wobei das Supply Chain Management mit Blick auf Logistik und Warenwirtschaft aktuell ganz klar im Vordergrund steht. Es ist hier für uns bereits viel Bewegung spürbar, aber noch lange nicht das Maximum ausgeschöpft. Zumindest ist für viele dieser Unternehmen der Einstieg gefunden.

Auch aus der klassischen Produktion entsteht im Kontext von Industrie 4.0 gerade Nachfrage nach Data Science, wenn auch etwas langsamer als erhofft. Die Potenziale durch die Vernetzung von Produktionsmaschinen sind noch nicht annähernd ausgeschöpft.

Branchen, die meiner Erfahrung nach noch nicht genügend aktiv geworden sind, sind die Chemie- und Pharma-Industrie. Auch Banken und Versicherungen, die ja nicht mit realen Werten, sondern nur mit Daten arbeiten, stehen – abgesehen von einigen Ausnahmen – überraschenderweise noch nicht in den Startlöchern, trotz großer Potenziale.

Data Science Blog: Und welche Branchen sehen Sie durch diese neuen Methoden und Technologien bedroht?

Bollhoefer: Eigentlich mag ich keine Bedrohungsszenarien durch Big Data skizzieren, denn diese führen nur dazu, dass sich Entscheider noch mehr vor dem Thema verschließen und genau dieses Verschließen stellt die eigentliche Bedrohung dar.

Die Chance sollte im Fokus stehen. Die deutsche Industrie, der produzierende Mittelstand, hat mit Big Data und Analytics die Möglichkeit, Fertigungs- und Prozessketten sehr viel weiter zu flexibilisieren und zu optimieren. Die Industrie 4.0 Initiative der deutschen Bundesregierung setzt hier ein ganz wichtiges Zeichen.

Es ist aber auch vollkommen klar, dass die deutsche Automobilindustrie – so wie sie heute existiert – massiv durch Google und Apple und deren Bestrebungen zum vernetzten und autonomen Fahrzeug bedroht ist. Es wird in absehbarer Zeit neue Wettbewerber geben, die klassische Gesamtkonzepte hinterfragen, sie neu und auch anders denken, als wir es heute kennen. Mobilität ist eines dieser Gesamtkonzepte.

Wenn die Kunden darauf anspringen, wird es existenzbedrohend für deutsche Unternehmen. Das ist aber nicht nur durch Big Data getrieben, sondern generell durch immer zügigere Technologiesprünge wie beispielsweise mehr Rechenpower, Batteriekapazität und Vernetzungstechnik.

Data Science Blog: Trotz der vielen Einflüsse von Big Data auf unsere Gesellschaft und Wirtschaft scheint die Berufsbezeichnung Data Scientist nur wenigen ein Begriff zu sein. Wird Data Science als Disziplin in Deutschland noch unterschätzt?

Bollhoefer: Ich denke nicht, dass dieses Berufsbild noch so unbekannt ist. Es ist vollkommen klar, dass es kein Wald- und Wiesen-Job ist, aber großen Unternehmen und Start-Ups ist heute schon sehr bewusst, dass Data Science ein wichtiges Themenfeld ist, ohne das keine Wettbewerbsfähigkeit mehr möglich wäre. Auch sind Profile bereits gut definiert, was ein Data Scientist ist und was man als solcher können sollte.

Data Science Blog: Kleinere Mittelständler haben von Data Science allerdings noch nicht viel gehört, ist das Thema für solche Unternehmen überhaupt von Bedeutung?

Bollhoefer: Kleinere Mittelständler kennen es noch nicht, aber Data Science ist für viele Unternehmen auch kleinerer Größen interessant. Die Werkzeuge, mit denen Data Science betrieben werden kann, sind immer einfacher zu bedienen. Auch Cloud-Lösungen machen diese innovativen Analysen für kleine Unternehmen erschwinglich, so sinkt die Hürde, mit seinen Daten viele der möglichen Potenziale zu realisieren.

Je leistungsfähiger die Werkzeuge werden, desto eher können auch kleinere Unternehmen von diesem Trend profitieren. Die Entwicklung, die gerade stattfindet sorgt für keine Not im Mittelstand, die entsprechenden Entscheider und Geschäftsführer sollten sich jedoch laufend über aktuelle Technologien und Möglichkeiten informieren.

Das ist zumindest meine Einschätzung, die sich jedoch genauso wie die aktuellen Technologien hin und wieder der Situation anpassen muss.

Data Science Blog: Ihre Gruppe Data Science Germany auf Xing.com hat bereits 1.240 Mitglieder und als KeyNote-Speaker sind Sie ebenfalls einer der Frontmänner in Deutschland für Big Data. Was können wir in Deutschland tun, um nicht den Anschluss zu verlieren oder gar auf Augenhöhe des Silicon Valley zu kommen?

Bollhoefer: Nur irgendwelche Gruppen oder Meetups zu organisieren hilft dem Standort Deutschland nicht weiter, auch wenn die Kommunikation untereinander sehr wichtig ist.

In Anbetracht der neuen Möglichkeiten, die wir insbesondere mit Machine Learning eröffnet bekommen, mit den neuen mathematischen Modellen und Technologien, wird sich in Zukunft vieles ändern, das ist vielen Leuten aber noch weitgehend unbekannt. Wir müssen massiv dafür sorgen, dass Transparenz geschaffen wird durch Lehre und Ausbildung.

Es ist jetzt ein enorm wichtiger Zeitpunkt, bei dem sich jedes größere Unternehmen auf eine krasse Lernphase einlassen sollte. Was verbirgt sich hinter künstlicher Intelligenz? Wie funktioniert Machine Learning und Predictive Analytics? Erst wenn das richtig verstanden ist, dann kann die Projektion auf eigene Geschäftsmodelle erfolgen.

Bisher suchten alle nach einem Referenz-Use-Case in der eigenen Branche, den man dann einfach eins zu eins übernehmen kann. Es wird dabei vielfach vergessen, dass diejenigen, die die ersten Schritte bereits gemacht haben, dann schon sehr viel weiter sind als die Nachahmer. Die US-Amerikaner machen es uns vor, sie tun es einfach und lernen daraus. Sie tun es schnell, sie scheitern schnell, erlangen aber auch schnell Erfolge. Dank dieses Mentalitätsaspektes sind sie uns teilweise weit voraus.

Dieser Vorsprung ist nur sehr schwer aufzuholen, da es an der Mentalitätskultur liegt. Eine andere Lern- und Fehlerkultur würde uns sehr gut tun, die kann man aber nicht herbeireden, die muss man entwickeln durch Anreize von der Politik. Industrie 4.0 ist daher eine gute Initiative, denn daran hängen Förderprogramme und Forschungsmotivationen. Das nimmt die Unternehmer aber nicht aus der Verantwortung, in dieser Sache am Ball zu bleiben.

Data Science Blog: Wie sieht der Arbeitsalltag als Data Scientist nach dem morgendlichen Café bis zum Feierabend aus?

Bollhoefer: Höchst unterschiedlich, denn Data Science umfasst vielfältige Tätigkeiten.

Der Berufsalltag findet überwiegend am Computer statt, denn heutzutage heißt Data Science vor allem Programmieren. Als Data Scientist setzten wir mit Programmierung Use Cases um, dabei nutzen wir meistens Python oder R, es können aber auch andere Programmiersprachen eingesetzt werden.

Viele Tätigkeiten verlangen Kreativität, Stift und Zettel sowie viel Austausch mit Kollegen. Nur wenige Arbeitsschritte lassen sich fest planen, iteratives bzw. agiles Vorgehen ist notwendig.

Kernaufgabe und Höhepunkt unserer Arbeit sind die Messung von Qualitätskriterien sowie das Trainieren und Optimieren mathematischer Modelle. Das sogenannte Feature-Engineering, also das Herausarbeiten relevanter Features (individuelle messbare Eigenschaften eines Objektes oder eines Sachverhaltes) bildet die dafür notwendige Basis und macht in der Praxis häufig bis zu 80% unserer Arbeitszeit aus.

Data Science Blog: Data Science ist Analyse-Arbeit und es geht viel um Generierung und Vermittlung von Wissen. Sind gute Data Scientists Ihrer Erfahrung nach tendenziell eher kommunikative Beratertypen oder introvertierte Nerds?

Bollhoefer: Im Idealfall sollte ein Data Scientist in gewisser Weise beides sein, also fifty/fifty. Das ist zumindest das, was es eigentlich bräuchte, auch wenn solche Leute nur schwer zu finden sind.
Den idealen Data Scientist gibt es wohl eher nicht, dafür arbeiten wir in Teams. Data Science ist Teamsport. Am erfolgreichsten sind Teams mit eben diesen Mindsets der kommunikativen Beratertypen mit Überzeugungsfähigkeit und den autodidaktischen Nerds mit viel tiefgehendem Wissen in Mathematik und Informatik.

Data Science Blog: Für alle Studenten, die demnächst ihren Bachelor, beispielsweise in Informatik, Mathematik oder Wirtschaftslehre, abgeschlossen haben, was würden sie diesen jungen Damen und Herren raten, wie sie gute Data Scientists werden können?

Bollhoefer: Wer operativ schnell tätig werden möchte, sollte auf den Master verzichten, denn wie die Nachfrage nach Data Science in drei Jahren aussehen wird, weiß niemand. Es ist ganz wichtig, jetzt zu starten und nicht in drei Jahren.

Der Weg ist zurzeit über Kontakte am leichtesten. Wer die nicht hat, kann diese schnell aufbauen, dazu einfach ein paar der vielen Meetups besuchen, über Social Media in der Szene netzwerken, sich Vorträge anhören und dadurch auch gleichzeitig in Erfahrung bringen, wie Data Scientists denken, arbeiten und was das typische Jobprofil ausmacht. Um der Thematik, den Tools und Methoden näher zu kommen, gibt es Kurse bei Coursera, Udacity, Kaggle Competitions, so kann man selber mal praxisnahe Probleme lösen. Zwei oder drei Zertifikate von diesen Anlaufstellen helfen bei der Jobsuche weiter.